Krise der Hanjin-Reederei bringt Südkoreas Regierung in Bredouille

Seoul (APA/dpa) - Die Probleme bei Hanjin Shipping waren lange bekannt - doch die Pleite der größten südkoreanischen Reederei traf Schiffsei...

Seoul (APA/dpa) - Die Probleme bei Hanjin Shipping waren lange bekannt - doch die Pleite der größten südkoreanischen Reederei traf Schiffseigner, Häfen und Einzelhändler in aller Welt scheinbar unvorbereitet.

Bis zum Dienstag war der größte Teil der nach eigenen Angaben 142 Schiffe umfassenden Hanjin-Flotte von Container- und Massengut-Frachtern noch außer Betrieb. Die meisten von ihnen saßen voll beladen vor Häfen fest, ganze Lieferketten sind gestört.

Der Wert des Frachtguts - von Maschinen über Elektrogeräte bis zu Kleidung und Nahrungsmittel - wurde auf 14 Mrd. Dollar (12,5 Mrd. Euro) geschätzt. Befrachter wie der Elektronikriese Samsung können nicht fristgerecht liefern, Einzelhändler in der ganzen Welt warten auf ihre Ware. Die Insolvenz der weltweit siebtgrößten Reederei verdeutlicht nach Ansicht von Experten auch die Krise der gesamten, von Überkapazitäten gebeutelten Container-Schifffahrt.

Durch die Krise ist auch die Regierung in die Bredouille geraten, Kommentatoren in Südkorea werfen ihr vor, auf die Pleite zu spät und nur unzulänglich reagiert zu haben. „Die Regierung hat keine richtige Strategie“, meint der Analyst Park Moo Hyun von Hana Financial Investment in Seoul - um aber gleich zu betonen, dass sich die Auswirkungen der Krise auf die koreanische Wirtschaft in Grenzen halten würden. Viele große Unternehmen wie Samsung etwa hätten bereits viel Volumen auf andere Linienreedereien umgeleitet.

Doch die Existenznot bei Hanjin, das Ende August einen Insolvenzantrag gestellt hatte, ist nur das eine. Alle Beteiligten, einschließlich der Regierung und des Hanjin-Mutterkonzerns, bemühen sich vor allem darum, die Logistikkrise in den Griff zu bekommen.

Dabei gibt es bereits erste Lichtblicke. In den USA konnten die ersten zuvor festsitzenden Schiffe von Hanjin den Hafen von Long Beach (US-Bundesstaat Kalifornien) anlaufen. „Das ist eine große Erleichterung für die Eigentümer der Ladung und eine gute Nachricht zur richtigen Zeit für die amerikanischen Verbraucher vor der Urlaubs-Einkaufssaison“, zitierte die Zeitung „LA Daily News“ Hafenleiter Noel Hacegaba.

Auch in Japan und Großbritannien könnten die Schiffe von Hanjin wieder die Häfen anlaufen, sagte Firmensprecherin Park Min am Dienstag. Bis zum Sonntag seien noch 93 gecharterte und in Eigenbesitz befindliche Schiffe in 26 Ländern außer Betrieb gewesen. Südkoreanische Medien berichteten bereits von klagenden Besatzungen, denen die Verpflegung ausgehe. „Doch die Schiffe auf See werden mit Lebensmitteln und Wasser versorgt“, sagte Park.

Was mit den anderen festsitzenden Schiffen passiert, ist derzeit jedoch noch unklar. Im Hamburger Hafen liegt etwa seit Tagen das Containerschiff „Hanjin Europe“ fest und kann nicht auslaufen, weil offene Rechnungen nicht bezahlt sind. Zum einen wurde den Schiffen die Zufahrt in die Häfen aus Sorge verweigert, dass Gebühren nicht mehr bezahlt werden. Zum anderen fürchtete Hanjin, dass Schiffe von den Gläubigern beschlagnahmt werden könnten. In den USA hatte ein US-Konkursgericht den Südkoreanern Gläubigerschutz gewährt.

Die Krise bei Hanjin gilt auch als hausgemacht. Das Unternehmen habe die Expansion zu weit getrieben, meint Analyst Park. Das größere Problem sieht er darin, dass zahlreiche Schiffe von Hanjin in China gefertigt worden seien: „Die Kraftstoff-Effizienz vieler Schiffe von den chinesischen Werften ist sehr gering, die Effizienz wird jedoch immer wichtiger.“ Bis 2020 werde Schweröl durch sauberere Treibstoffe ersetzt, etwa durch verflüssigtes Erdgas. Hier sieht Park auch große Probleme auf die Konkurrenten von Hanjin zukommen.

Die Aussicht auf eine Rettung der mit umgerechnet fast 5 Mrd. Euro verschuldeten Hanjin Shipping ist unterdessen düster. Zwar hat das Unternehmen per Gerichtsbeschluss die Chance erhalten, bis zum 25. November einen neuen Rettungsplan vorzulegen. Doch eine Sanierung gilt als äußerst unsicher. „Es ist schwierig, Hanjin neues Geld zu geben“, sagte ein Sprecher der staatlichen Korea Development Bank. Am Ende sei eine Liquidation wohl unvermeidlich.