Innenpolitik

Kerns Charmeoffensive für die Sozialdemokratie

Autor David Schalko stellte die Fragen, SPÖ-Vorsitzender Christian Kern gab die Antworten am Balkon der einstigen Kreisky-Villa.
© Kreisky Forum /fotonovo.at

Der SPÖ-Chef gab im Kreisky-Forum ein öffentliches Interview.

Von Cornelia Ritzer

Wien –SPÖ-Vorsitzender Christian Kern und Autor David Schalko luden zum öffentlichen Talk, und mehr als 1000 Interessierte meldeten sich an. Platz bekamen einige hundert Freunde, Fans und Funktionäre der SPÖ, die sich am Rasen der geschichtsträchtigen Kreisky-Villa am Wiener Stadtrand drängten. Wo einst der legendäre Kanzler Besuche empfing und dem Land außenpolitisches Renommee verschaffte, musste man Dienstagabend nicht lange auf den ersten Höhepunkt warten. Er sei nervös, gestand Schalko, bei der Vorbereitung wünschte er sich sogar Werner Faymann zurück: Dann wären nämlich nur 50 Zuseher gekommen. Ein Seitenhieb auf seinen Vorgänger, den Kern vornehm nicht kommentierte. Der aber möglich war, weil er von der SPÖ mit offenen Armen empfangen wurde.

An Stehpulten, mit dezenten Headsets, plauderten sich Kern und Schalko durch aktuelle Themen. Es ging um Kerns Visionen für die Partei („Wir müssen eine Bewegung werden, die berührt und bewegt“) und seinen schon mehrmals thematisierten Plan für Österreich. So sei eine enorme Herausforderung der nächsten Jahre die Veränderung der Arbeitswelt durch die Digitalisierung, die „mit einer Wucht über uns hereinkommen“ werde. Jetzt gehe es darum, so Kern, die Weichen dafür zu stellen, denn „es wird ein Heer an Verlierern geben“, bereitet man sich nicht darauf vor. Und Kern verriet dem Publikum auch seinen „geheimen Plan“: Man brauche schlicht „viele, viele Debatten und viele engagierte Leute“.

In einem Großteil des einstündigen Gesprächs aber ging es um den Umgang mit den Rechtspopulisten. Über deren Wähler als „beleidigte Massen“ schrieb Schalko einen Artikel in der FAZ, was ihn mit Kern verbindet, der jüngst die europäische Austeritätspolitik ebenfalls in der FAZ kritisierte. Der SPÖ-Chef will im Umgang mit der FPÖ „bewusst den Ton runterschrauben“, betont aber auch, dass die Abstiegsängste der Menschen real seien. Das höre er etwa beim „Leberkässemmel-Essen in Simmering“, wenn er seine Mutter besucht, verriet der 50-Jährige. Derartige Episoden erzählt der Simmeringer gerne. Und man nimmt sie ihm ab.

Pessimistischer klingt Kerns Befund darüber, warum die Rechtspopulisten gewinnen. FPÖ-Wähler hätten „keine Erwartungen an die Partei. Sie wollen das System auf den Knien sehen.“ Und Rechtspopulisten lieferten zwar keine Lösungen, aber einfache Antworten. Ein Muster, das er nicht übernehmen wolle, aber: „Die Leute wollen jemanden, der sagt, das ist der Weg.“ Am Ende gab es Brot und Wein. Passend zur neuen schlichten Eleganz der SPÖ.