Tirol

„Bildung macht Flüchtlinge zu überzeugten Österreichern“

© Mazer-Papp

Eine Petition fordert, dass Flüchtlinge ein 10. Schuljahr absolvieren dürfen. Die VHS Tirol bietet eine spezialisierte Grundbildung an.

Von Alexandra Plank

Innsbruck –„Lassen Sie sie in die Schule gehen, Frau Minister“, diesem Appell einer Online-Petition haben sich fast 10.000 Österreicher angeschlossen. Adressatin ist Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Der Hintergrund: Drei Tage vor Schulbeginn haben 126 Flüchtlinge aus Oberösterreich erfahren, dass sie nicht mehr in die Schule gehen dürfen. Geflüchteten Jugendlichen ist es untersagt, ein 10. Schuljahr als außerordentliche Schüler zu absolvieren. Selbst wenn die Schulen den Besuch ermöglichen wollten, dürften sie das nicht.

Emese Malzer-Papp unterrichtet Grundbildung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an der Volkshochschule (VHS) Tirol. „Das 10. Schuljahr muss ermöglicht werden, Flüchtlinge brauchen die Möglichkeit, eine höhere Bildung zu absolvieren. Viele gehören ins Gymnasium.“ Die Arbeit mit jungen Menschen sei eine Bereicherung. Obwohl diese oft bereits bis zu einem Jahr auf das Asylverfahren warten, seien sie motiviert: „Ich will nie wieder hören, dass sie integrationsunwillig sind. Sie lernen mit einer großen Begeisterung. Für mich ist die Arbeit mit ihnen wie eine Reise, ohne verreisen zu müssen.“ Die Dropout-Rate sei gering: 80 Prozent der Jugendlichen schließen die Ausbildung ab.

Ronald Zecha, Leiter der VHS Tirol, hält es für zentral, dass jungen Flüchtlingen Bildung offensteht und „zwar so schnell wie möglich“. Wenn den jungen Menschen Perspektiven in einem von österreichischer Kultur geprägten Umfeld geboten würden, seien die Chancen gut, neue Staatsbürger zu gewinnen, die sich emotionell mit unserem Land verbunden fühlen, sagt Zecha. Die Integration sei für alle Bildungseinrichtungen eine Herausforderung. Die Volkshochschule (VHS) stellt sich dieser seit April 2016. „Wir sind mit der Grundbildung (Schrei­ben, Lesen, Rechnen) für alle sehr erfolgreich. Nun haben wir eine spezielle Grundbildung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge erarbeitet.“

Um den speziellen Bedürfnissen der Jugendlichen (15 bis 19 Jahre) gerecht zu werden, hat die VHS den Unterricht ähnlich einem normalen Schulbetrieb organisiert: Die Jugendlichen besuchen die Grundbildung täglich drei Stunden am Vormittag, zwei weitere Unterrichtseinheiten werden am Nachmittag absolviert, fünfmal die Woche.

Die Gruppengröße beträgt etwa 15 Jugendliche, neben den eigens ausgebildeten Dozenten kommen oft noch Stützlehrerinnen mit migrantischem Hintergrund zum Einsatz. 65 junge Leute haben den achtwöchigen Kurs in Tirol bereits absolviert.

Der Unterricht findet zentral in der Landeshauptstadt statt. „Für die Jugendlichen ist das eine zusätzliche Attraktion. Schüler des BORG zeigen ihnen die Stadt.“ Allerdings hätten sich 200 Unterrichtseinheiten als nicht ausreichend erwiesen. Zweckmäßig wäre, bei Bedarf zumindest die doppelte Anzahl zur Verfügung zu stellen. „Wichtig ist auch, dass es unmittelbar nach der Grundbildung Anschlusswege für die Jugendlichen gibt, damit sie die Motivation, aber auch die mittlerweile gewohnte leistungsorientierte Tagesstruktur nicht wieder verlieren“, schließt Zecha.

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