“My First Lady“

Der talentierte Mister Obama

© Polyfilm

Richard Tanne rekonstruiert in „My First Lady“ die Liebesgeschichte des Präsidenten.

Innsbruck –Schlechter kann ein Date nicht beginnen, deshalb sagt die Anwältin Michelle Robinson (Tike Sumpter), um Missverständnissen vorzubeugen, „das ist kein Date“ und: „du bist zu spät!“, aber Barack Obama (Parker Sawyers) hat ohnehin keine Blumen dabei. Und dann dieses Auto, das schon Fred Feuerstein gefahren haben muss. Der Aschenbecher quillt über von Kippen. Vor dem Beifahrersitz klafft ein vom Rost ausgenagtes Loch, groß genug um als Starthilfe mitzulaufen.

„My First Lady“ ist eine (fiktionalisierte) Rekonstruktion des ersten privaten Treffens zwischen Obama und seiner späteren Frau Michelle mit den Mitteln der romantischen Komödie. Der Komik sind natürlich enge, staatstragende Grenzen gesetzt, denn die Protagonisten bewohnen bis Jänner 2017 das Weiße Haus und die Zuschauer sehen nicht irgendeinen Harvard-Studenten, der in einer Anwaltskanzlei in Chicago ein Sommerpraktikum absolviert und an einem Nachmittag seine Vorgesetzte zu beeindrucken versucht, sondern den 44. US-Präsidenten.

Dementsprechend bleiern, wie von Presseabteilungen geschrieben, entwickeln sich auch die Dialoge zwischen den beiden Anwälten, die sich vorsichtig über ihre Familiengeschichten abtasten. „Bildung hatte in unserer Familie die höchste Priorität“, sagt Michelle, „Bildung war der Schlüssel zu unserem Glück.“ Dagegen lässt sich nicht viel sagen, aber die Regeln der Konversation verlangen nach einem Tauschwert. Obama erzählt von seiner weißen Mutter und der Verachtung für den afrikanischen Vater, der sich aus dem Staub gemacht habe. Dieses Detail habe ihn vielleicht auch zu seiner zwei Jahre dauernden Beziehung mit einer weißen Studentin während seiner Zeit an der Columbia Universität verführt. Auf der Suche nach seiner schwarzen Identität habe er sich wegen Harold Washington für Chicago entschieden, der gegen den Widerstand seiner eigenen Partei, der Demokraten, zum ersten schwarzen Bürgermeister der Stadt gewählt worden war. Bei einer Gemeindeversammlung in einer Kirche, dem eigentlichen Anlass für das Treffen, lässt Obama erstmals sein Charisma und seine Wirkung auf ein größeres Publikum spüren. Sein Kampfruf „Carry On“ (Weiter so) verwandelt die farbigen Zuhörer in einen euphorischen Chor, aus der skeptischen Michelle wird eine Liebende und Bewunderin. Aus „Carry On“ wurde 20 Jahre später „Yes We Can“. Mit „Barry“ wurde beim Filmfestival von Toronto gerade das nächste Biopic über den Präsidenten – über die Jahre an der Columbia-Universität – vorgestellt. (p. a.)