OECD: Warum das österreichische Schulsystem teuer ist
Die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2016“ vergleicht Bildungsausgaben in den 35 Mitgliedsstaaten.
Wien – Die neue OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2016“ gibt Aufschlüsse darüber, warum das österreichische Schulsystem teurer ist als in anderen Industriestaaten. Die Gründe liegen etwa in geringen Klassengrößen (auch aufgrund der vielen Kleinschulen), niedriger Unterrichtsverpflichtung sowie vergleichsweise hohen Lehrergehältern, verbunden mit dem höheren Alter der Pädagogen.
In Österreich wird in allen Schulbereichen deutlich mehr Geld pro Schüler ausgegeben als im OECD-Schnitt - im Volksschulbereich sind es kaufkraftbereinigt 10.780 US-Dollar (OECD-Schnitt: 8.477), im Sekundarbereich 15.024 Dollar (OECD: 9.811).
Geringere Unterrichtspflicht
Aufgrund der geringeren Klassengrößen hierzulande (im Schnitt im Volksschulbereich 18 Kinder gegenüber 21 im OECD-Schnitt bzw. im Sekundarbereich I 21 gegenüber 23 im OECD-Schnitt) werden mehr Lehrer benötigt. Ebenfalls mehr Pädagogen braucht es in Österreich, um die Zahl der Unterrichtsstunden abzudecken: Die Unterrichtsverpflichtung entspricht nur im Volksschulbereich dem OECD-Schnitt, im Sekundarbereich I (AHS-Unterstufe/Neue Mittelschule) stehen dagegen die österreichischen Lehrer jährlich um 87 Stunden kürzer in der Klasse (Ö: 607, OECD: 694), in der AHS-Oberstufe sind es 55 Stunden.
Dazu kommen noch höhere Gehälter: Pädagogen verdienen in Österreich zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere und in allen Schultypen mehr als im OECD-Schnitt. Lag 2014 bei Volksschullehrern schon das Einstiegsgehalt mit rund 32.800 US-Dollar (kaufkraftbereinigt) pro Jahr über dem OECD-Schnitt (31.000), ist der Abstand beim Höchstgehalt mit rund 64.000 noch größer (OECD: 51.300). Ähnlich verhält es sich in der Sekundarstufe I (Ö: rund 34.300 Start-, rund 66.600 Endgehalt; OECD: 32.500 bzw. 53.600) und der AHS-Oberstufe (Ö: 36.000 bzw. 74.500; OECD: 34.200 bzw. 56.200).
37 Prozent der Lehrer über 50 Jahre alt
Als Spezialproblem Österreichs kommt noch dazu, dass dieses Senioritätsprinzip aufgrund der Altersstruktur der Lehrer kostenmäßig immer stärker schlagend wird. Im Volksschulbereich sind in Österreich 37 Prozent aller Pädagogen 50 Jahre oder älter, in der OECD nur 31 Prozent. Am höchsten fällt der Unterschied im Sekundarbereich I aus: In der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule sind in Österreich 48 Prozent der Lehrer Silver Ager (OECD: 34 Prozent), an den Oberstufenschulen kommt Österreich auf einen Anteil von 42 Prozent (OECD: 38 Prozent).
Einschränkung: Lehrer-Methusalems mit 60 Jahren oder darüber sind in Österreich - vermutlich wegen des geringeren faktischen Pensionsantrittsalters - allerdings eher selten: Der Anteil liegt je nach Schultyp zwischen drei und fünf Prozent (OECD: sechs bis neun Prozent).
Bei Kindergarten „jahrzehntelang geschlafen“
Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) setzen angesichts der Zahlen der am Donnerstag veröffentlichten OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ auf die Einführung eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahrs. In diesem Bereich habe die Republik „jahrzehntelang geschlafen“, so Mahrer vor Journalisten.
Auch Hammerschmid sah „noch einiges zu tun“. Wer keinen Kindergarten besucht habe, sei später besonders gefährdet, mathematische Grundkompetenzen nicht ausgeprägt zu haben. „Umso wichtiger ist es, dass wir hier früh investieren und den Ball auffangen.“ Mit den Plänen für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und dem Konzept für einen Bildungskompass habe die Regierung dieses Thema bereits adressiert.
Gehaltsdiskussion „unnötig“
Nicht zur Diskussion stehen für Hammerschmid die Lehrergehälter. Diese seien „legitim“: „Eine Gehaltsdiskussion wäre jetzt unnötig und zum falschen Zeitpunkt.“ Österreich investiere viel in Bildung - die hohen Ausgaben im Schulbereich seien durch die niedrige Klassengröße aufgrund der vielen Kleinschulen, die niedrigere Unterrichtsverpflichtung sowie die überdurchschnittlichen Gehälter aufgrund der Vielzahl an älteren Lehrer bedingt.
Das bestätigte auch Statistik Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer: Die Lehrergehälter würden am Anfang der Karriere und nach zehn bis 15 Berufsjahren nur leicht über dem OECD-Schnitt liegen, gegen Ende der Laufbahn dann aber deutlicher.
Link: OECD-Studie “Bildung auf einen Blick“
http://go.tt.com/2cHoPz2
Zu denken gibt Hammerschmid die erneut von der OECD konstatierte hohe Bildungsvererbung in Österreich. Das bedeutet, dass Kinder vergleichsweise selten einen höheren Abschluss erreichen als ihre Eltern - das gilt vor allem für den Sprung zu einem Hochschulabschluss. Hier setze man auf den Ausbau von ganztägigen Schulformen. (APA, TT.com)