Französische Konservative stellen Defizitabbau infrage
Paris (APA/Reuters) - Zwischen Frankreich und der EU droht bei einem Machtwechsel nach der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr neuer Stre...
Paris (APA/Reuters) - Zwischen Frankreich und der EU droht bei einem Machtwechsel nach der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr neuer Streit über das aus dem Ruder gelaufene Staatsdefizit des zweitgrößten Euro-Landes. Die aussichtsreichsten Kandidaten der Konservativen stellen durch die Bank die Zusage der sozialistischen Regierung infrage, das Defizit 2017 unter die Drei-Prozent-Marke zu drücken.
Grund dafür sind die von den Kandidaten anvisierten Steuersenkungen. In Deutschland wird bereits Unmut laut. Der Vizechef der Unions-Fraktion, Ralph Brinkhaus, kritisierte am Donnerstag: „Die Äußerungen sind erschreckend, denn es handelt sich letztlich um eine Aufforderung, europäische Vereinbarungen zu brechen.“ Fehlende Verlässlichkeit sei ein Hauptproblem der EU.
Die regierenden Sozialisten hatten von der EU vergangenes Jahr einen Aufschub von zwei Jahren für die Defizit-Reduzierung bekommen. Als Gegenleistung haben sie sich zu Strukturreformen verpflichtet. Im konservativen Lager zeichnet sich mittlerweile ab, dass die aussichtsreichsten Bewerber trotzdem keine Abstriche an ihren Steuersenkungsplänen machen wollen. So schreibt der konservative Vorsitzende des Finanz-Ausschusses der Nationalversammlung, Gilles Carrez, in einem Reuters vorliegenden internen Papier, er erwarte bei einem Machtwechsel 2017 ein Budgetdefizit von vier Prozent des BIP.
„Eine zeitweise Erhöhung des Defizits zu Beginn der neuen Wahlperiode macht ökonomisch Sinn“, schrieb Carrez. Dahinter steht die Vorstellung, die zunächst wachstumsdämpfenden Strukturreformen durch Steuerentlastungen abzufedern. Der frühere Premierminister Francois Fillon sagte der Zeitung „Les Echos“, Deutschland wäre von diesem Ansatz leichter zu überzeugen, wenn die Strukturreformen zügig umgesetzt würden. Im ökonomischen Programm der Partei Republikaner wird für 2017 und 2018 jeweils mit einem Staatsdefizit von 3,5 Prozent gerechnet.
Auch der frühere Arbeitsminister Eric Woerth, der als enger Verbündeter des früheren Präsidenten und erneuten Kandidaten Nicolas Sarkozy gilt, erwartet 2017 „Les Echos“ zufolge ein Defizit von vier Prozent. Im Gefolge der Finanzkrise war der Fehlbetrag 2007 auf sieben Prozent gestiegen. 2015 hatte das Defizit 3,5 Prozent betragen - der vierthöchste Wert in der EU.
„Es ist bedauerlich, dass in Frankreich selbst Konservative zu hohe Haushaltsdefizite rechtfertigen“, sagte der Haushaltsexperte der Unions-Fraktion im Bundestag, Eckhardt Rehberg, der Nachrichtenagentur Reuters. Frankreich habe bereits mehrmals Aufschub beim Defizitabbau erhalten: „Die permanenten Ausnahmen vom Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen ein Ende haben, sonst können wir den Pakt gleich begraben.“
Der sozialistische Präsident Francois Hollande hat angedeutet, dass er bei der Wahl im April und Mai erneut antreten will. Allerdings ist er der unbeliebteste Präsident der modernen französischen Geschichte und liegt in Umfragen weit hinter potenziellen Konkurrenten. Die Kritik richtet sich gegen seine Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. (Reporter: Yann Le Guernigou, Michael Rose, Sophie Louet und Michael Nienaber; bearbeitet von Matthias Sobolewski, redigiert von Klaus-Peter Senger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1312 oder 030-2888 5168)
151428 Sep 16