Schweizer Notenbank wartet ab - Negativzins bleibt
Zürich/Bern (APA/Reuters) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will trotz der anziehenden Konjunktur und zunehmender Kritik aus dem Finan...
Zürich/Bern (APA/Reuters) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will trotz der anziehenden Konjunktur und zunehmender Kritik aus dem Finanzsektor an ihren Negativzinsen festhalten. Eine Abkehr von dem Rekordtief von minus 0,75 Prozent würde zu einer Aufwertung des Frankens führen, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag dem Schweizer Fernsehen.
Das wollen die Währungshüter jedoch mit allen Mitteln verhindern, denn ein starker Franken macht Schweizer Waren im Ausland teuer und schadet somit der exportorientierten Industrie. „Wir haben ein Problem, dass die Zinsen weltweit sehr tief sind und wir müssen abwarten, bis sich diese Situation international verbessert hat“, sagte Jordan.
Bei ihrer vierteljährlichen Lagebeurteilung beließen die Notenbanker das Zielband für den Referenzzins Dreimonats-Libor daher unverändert bei minus 0,25 bis minus 1,25 Prozent. Die Sichteinlagen der Banken bei der SNB werden weiterhin mit 0,75 Prozent belastet. Damit sind die Zinsen in der Schweiz so tief wie nirgends sonst in den größeren Volkswirtschaften. Doch das hinterlässt Spuren bei Pensionskassen und Versicherungen, die wegen der tiefen Zinslage Probleme haben, die versprochenen Erträge für die Kunden zu erzielen. Zudem denken mehr und mehr Banken darüber nach, die Strafzinsen an Sparer weiterzureichen. Damit wären die Negativzinsen kein abstraktes Phänomen mehr, sondern würden viele Bürger treffen.
„Wir sehen selbstverständlich die schwierige Situation“, entgegnete SNB-Präsident Jordan auf die Kritik. Höhere Zinsen würden der Finanzindustrie jedoch nicht helfen, sondern eine Frankenaufwertung nach sich ziehen und damit die Wirtschaft schwächen. Diese hatte sich zwar im zweiten Quartal unerwartet gut entwickelt, weshalb die Notenbank ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf rund 1,5 Prozent von zuvor 1 bis 1,5 Prozent anhob.
Kopfzerbrechen bereitet dem Notenbankgremium jedoch unter anderem die Entscheidung der Briten für einen EU-Austritt. Umwälzungen wie diese verunsichern Anleger - die dann verstärkt in Franken investieren, der als Fluchtwährung in turbulenten Zeiten gilt. Um dagegenzuhalten, setzt die SNB neben den Negativzinsen auf Interventionen am Devisenmarkt - etwa indem sie Euro oder Dollar kauft. Damit will sie den Franken auch weiterhin bei Bedarf schwächen.
Einige Experten schließen zudem noch höhere Negativ-Zinsen nicht aus: Ein solcher Schritt noch vor Mitte 2017 bleibe eine „echte Möglichkeit“, erklärte Julien Manceaux von der Bank ING. Analyst Daniel Hartmann vom Anleihenspezialisten Bantleon hält eine weitere Zins-Verschärfung zum Jahresende für möglich. „Dies dürfte vor allem dann geschehen, wenn sich die Konjunktur in der Eurozone weiter abschwächt und die EZB als Konsequenz daraus im Dezember 2016 in klares geldpolitisches Signal setzen muss“, erklärte er. Die UBS erwartet eine weitere Zinssenkung nur, wenn die Stützungskäufe am Devisenmarkt nicht mehr ausreichen, um den Franken zu stabilisieren.
Am Donnerstag gewann die Schweizer Währung leicht an Wert: Ein Euro kostete zuletzt 1,0936 Franken - vor der Zinsentscheidung waren es 1,0955 Franken.
~ WEB http://www.snb.ch/de/ ~ APA421 2016-09-15/15:40