Reutte

Helmut Frick: „Stehen vor einer Revolution“

© Helmut Mittermayr

Für den Vilser Unternehmer Helmut Frick wird Industrie 4.0 die Welt verändern. Er glaubt, dass die Umwälzung dramatisch schnell kommt und Tirol nicht vorbereitet ist.

Von Helmut Mittermayr

Vils –Helmut Frick hat im Städtchen Vils eine Firma für Automatisierungs- und Sicherheitstechnik aufgebaut. Normen und Systementwicklungen für die kontinuierliche Analyse normativer Anforderungen, etwa im Maschinenbau, stellen den zentralen Geschäftsbereich dar. 27 hochspezialisierte Mitarbeiter sind unter anderem gerade dabei, eine weltweit vernetzte Datenbanken aufzubauen. Frick ist also Experte im IT-Bereich – und verwundert. Er glaubt, dass in Tirol eine Entwicklung übersehen wird, die zu größten Umwälzungen in der Gesellschaft führen wird. Nämlich die nächste industrielle Revolution, im Fachjargon Industrie 4.0 genannt. Computer werden wie nie zuvor in das tägliche Leben eingreifen und vieles neu definieren; auch und gerade die Arbeitswelt, wo sie Arbeitsplätze ersetzen.

„Eine aktuelle Studie spricht in den zehn größten Industrienationen von einem Verlust von sieben Millionen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2020, nur zwei Millionen werden dazukommen. Wir reden also nur von vier Jahren.“ Das werde passieren, ob die Leute es wollen oder nicht. Die Entwicklung werde, wie bei Revolutionen üblich, abrupt kommen. Die Betroffenheit könnte ähnlich ausfallen wie bei der Firma Kodak, als die Digitalfotografie einsetzte. „Die neuen Techniken werden teilweise disruptiv sein. Also eine Art Innovation, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung vollständig verdrängt“, sagt Frick. Die Beispiele Nokia oder Blackberry zeigten, dass es selbst Marktführern nicht gelingt, technologische Rückstände aufzuholen, wenn der Ernst der Lage zu spät erkannt wird.

Frick nennt für Industrie 4.0 das bekannte Beispiel der selbstfahrenden Autos. In einigen Jahren könne man sich ein Auto ohne Fahrer mieten und sich von A nach B bringen lassen. Wer noch selbst lenken will, zahle längerfristig einen Aufpreis für die Emotion Lenkrad. Das bedeute, dass viele etablierte Berufsfelder komplett in Frage gestellt seien: „Taxigewerbe, Tankstellen, Autohandel, Werkstätten, Tiefgaragenvermietung und vieles mehr. Wer braucht dann noch einen Führerschein und damit Fahrschulen?“

Für den Vilser Unternehmer zählt deshalb ein einziger Aspekt: Es werde viele Verlierer und weniger Gewinner geben, was die Arbeitsplätze betrifft. Der Big Bang werde unglaublich schnell kommen, weder Politik noch Gewerkschaften könnten die „Revolution“ noch aufhalten. „Wir müssen es einfach schaffen, auf der Gewinnerseite der Umwälzung zu stehen. Und das gelingt nur mit den nötigen IT-Fachleuten.“ Völlig neue Berufsbilder müssten bedient werden. Die digitale Transformation führe dazu, dass Wertschöpfung künftig über andere Businessmodelle generiert werde. Künstliche Intelligenz werde Produkte ordern und Kaufentscheidungen in Sekunden weltweit treffen. Es brauche zum Beispiel Fachleute für Big Data Management, digitales Marketing, künstliche Intelligenz usw. Der Computerführerschein reicht nicht für die erforderlichen Qualifikationen der Zukunft.

„Die Entwicklung verläuft dramatisch und exponenziell. Entweder die Jobs sind bei uns oder in Indien, China, wo auch immer. Sie werden dort entstehen, wo Computertechniker zur Hand sind. Wir können selbst etwas tun oder verlieren“, sagt Helmut Frick. „Wir brauchen dringend gut ausgebildete IT-Fachkräfte. Und wir haben keine Zeit mehr.“ Das Problem: Das Ausbildungssystem sei träge und nicht auf Zeitknappheit ausgerichtet. Er würde sofort 20 Lehrlinge ausbilden – was wegen regulativer Gründe derzeit nicht möglich sei. Wirtschaftskammer, Politik, Unternehmer – alle müssten in einer noch nie dagewesenen Initiative Ausbildungszentren einrichten, die nicht gleich an der Überreglementierung zu scheitern drohen. „Gerne bringe ich mich selbst in eine Plattform ein. Allen sollte klar sein, dass es ein Wettlauf mit der Zeit wird“, schließt Frick.

Für Sie im Bezirk Reutte unterwegs:

Helmut Mittermayr

Helmut Mittermayr

+4350403 3043

Simone Tschol

Simone Tschol

+4350403 3042