Traditionen, Emotionen und Abschiede
Auf der Motorradmesse Intermot in Köln wurde eine Reihe von Derivaten und Updates präsentiert.
Von Beatrix Keckeis-Hiller
Köln –Das in Zentraleuropa Klima-bedingte Ende der Motorradsaison bedeutet nicht, dass die Branche ihre Hände in den Schoß legt. Im Gegenteil. Der Herbst ist die Hochzeit der Messen und Präsentationen neuer Modelle in großem und kleinerem Rahmen. Der Auftakt dazu fand dieses Jahr Anfang Oktober in Köln auf der Intermot statt, vor dem Hintergrund der ab 1. Jänner 2017 für alle Neuzulassungen verpflichtenden Euro-4-Konformität. Dabei handelt es sich um mehr als eine Update-Formalität. Laut neuen EU-Vorschriften müssen Motorräder nunmehr mit einer On-Board-Diagnose (OBD) zur permanenten Überwachung und Aufzeichnung des Emissionsverhaltens ausgestattet sein. Dazu kommen weitere technische Details wie ein geschlossenes Tankentlüftungssystem mit Aktivkohle-Filter sowie ein – nicht abschaltbares! – ABS (um Ausnahmegenehmigungen für Geländemotorräder wird gerungen). Das sind ingesamt Anforderungen, die nicht mit allen Modellen, vor allem jenen älterer Motorbauarten realisierbar sind. Weshalb es heißt, von einigen Klassikern Abschied zu nehmen. Zum Beispiel von den traditionellen großen Vierzylinder-Eisen wie der Honda CB1300 und der Yamaha XJR1300, aber auch von etablierten Ein- und Zweizylindern mehrerer Hersteller.
Das bedeutet aber nicht, dass sich die Zweirad-Schmieden von ihren Traditionstypen verabschieden. Eine wachsende Reihe davon wird neu interpretiert und als moderner Klassiker wiederbelebt. Auch in diesem Sinne kann man die neue Ducati SuperSport verstehen, mit der die Bologneser auf der Zweiradmesse in Köln für die einzige echte große Premiere gesorgt haben. Sie knüpft an die SS-Baureihen der 1980er- und 1990er-Jahre (wieder) an. Sie ist laut Ducati-Boss Claudio Domenicali der Einstieg in die Welt der Roten aus Bologna. Mit 113 PS aus 937 ccm Hubraum ist die Edle aus Borgo Panigale am oberen Ende der Hubraum- und Leistungsmittelklasse positioniert. Sie folgt der von Audi bestimmten Prämisse von leistbaren Modellen mit easy konsumierbarer Alltagstauglichkeit. Dass das Ganze gewohnt stilvoll und elegant verpackt ist, versteht sich von selbst, auch gibt es vom Start weg eine S-Variante mit hochwertigem Fahrwerk sowie Schaltassistent.
Auf der Schiene der Traditionen will auch BMW, Quasi-Hausherr in Köln, Emotionen schüren. Die puristisch gestylte, aber hochgradig ausgestattete R nineT bekam zur Scrambler zwei weitere neue Geschwister: die „Racer“ – im Stile klassischer Café-Racer – und die Einsteiger-Version „Pure“, alle mit Luft-/Öl-gekühltem 1190 ccm-Zweizylinder-Boxer und 110 PS.
Klassisch weitergehen lässt es ebenso Triumph. Die 900 ccm-Varianten der Bonneville wurde um die Versionen T100 und T100 Black erweitert. Neu ist ebenso die „Street Cup“, alle drei mit unverändert 55 PS.
Und auch Yamaha reichert die Heritage-Modellreihe an, um die SCR950, ebenfalls in der mittleren Leistungsklasse angesiedelt. Von Aprilia und BMW über Honda bis Kawasaki und Suzuki werden Emotionen in der Hochleistungsklasse geschürt, mit upgedateten und frisch interpretierten Supersportlerinnen, von der RSV4 und der S1000RR (sowie S1000R) über die CBR1000RR Fireblade SP (und SP2) und die Kawasakis ZX-10RR sowie H2 Carbon bis zur GSX-R1000.
Der heimische Hersteller KTM stellte ins emotionale Zentrum das MotoGP-Engagement 2017, anhand der RC16. Des Weiteren wurden die Groß-Enduro-Familien ausgebaut, zum Beispiel um die 1290 Super Adventure R und S. Nachdem heuer zwei große Motorradmessen auf dem Programm stehen – von 8. bis 13. 11. findet die EICMA in Mailand statt – bedeutet das, dass die Hersteller ihre Novitäten kalkuliert aufteilen müssen, damit noch genug übrig bleibt, um den Appetit des Publikums zu schüren. Angekündigt ist für die lombardische Show unter anderem die Neuauflage zweier Kawasaki-Klassikerinnen: Z650 und Z900.