Linzer Museumschef bringt frischen Wind in Renaissance-Stadt Urbino

Pesaro/Linz (APA) - 40 Prozent mehr Besucher hat der Palazzo Ducale in der Stadt Urbino, ein zwischen 1463 und 1472 errichteter Herzogspalas...

Pesaro/Linz (APA) - 40 Prozent mehr Besucher hat der Palazzo Ducale in der Stadt Urbino, ein zwischen 1463 und 1472 errichteter Herzogspalast und Juwel der Renaissance, in diesem Sommer verzeichnet. Der Besucheranstieg in dem Museum mit Werken von Tizian, Raffael und Piero della Francesca ist auch dem frischen Wind zu verdanken, den der Linzer Kulturmanager Peter Aufreiter in die Universitätsstadt gebracht hat.

Seit Ende des Jahres 2015 steht Aufreiter an der Spitze eines Komplexes aus zehn Landesmuseen in der Adria-Region Marken. Perle dieses Museumsnetzes ist der Palazzo Ducale von Urbino, in dem die „Galleria Nazionale delle Marche“ untergebracht ist. Urbino ist Weltkulturerbe und Geburtsstadt Raffaels (1483-1520). Die nach einer Reform erlangte Museumsautonomie will Aufreiter nutzen, um das Museumsnetz der Region mit 250 Mitarbeitern international zu profilieren. Dabei kommt ihm seine siebenjährige Erfahrung im Schloss Belvedere und davor noch im Kunsthistorischen Museum zugute.

Aufreiters Aushängeschild in diesem Herbst ist die Ausstellung von Tizians Meisterwerk „Venus von Urbino“. Das Gemälde aus dem Jahr 1538 im Besitz der Florentiner Uffizien ist an den Herzogshof zurückgekehrt und kann bis zum 18. Dezember im Palazzo Ducale Urbino bewundert werden. Das Gemälde wird „Venus von Urbino“ genannt, weil der Herzog von Urbino, Guidobaldo II. della Rovere, es 1538 direkt von Tizian erworben hat.

Fünf Ausstellungen hat der 41-jährige Aufreiter seit seinem Wechsel nach Urbino organisiert, alle mit großem Anklang. Dabei hat er auch mit dem Kunsthistorischen Museum in Wien zusammengearbeitet. Am 26. Oktober weiht er eine Ausstellung zum Thema „Spiele und Spielsachen der Renaissance“ ein. Im Jänner stellt er sein Programm für das neue Jahr vor. „Unser Ziel ist, drei bis vier große Ausstellungen pro Jahr zu organisieren, gemischt von Klassik bis zur zeitgenössischen Kunst. Dabei rechnen wir auch mit Leihgaben aus Österreich“, berichtet Aufreiter im Gespräch mit der APA in Rom.

Seit seiner Ankunft in Urbino, einer der besterhaltenen Renaissance-Städte Italiens abseits der großen Ströme des Massentourismus, hat der Linzer mit einer Neuaufstellung der Sammlungen begonnen und Sponsoren für Restaurierungen gewonnen. Um die Touristen von den Stränden der Adria nach Urbino zu locken, hat sich Aufreiter für eine Shuttle-Bus-Verbindung in den Sommermonaten eingesetzt, der auch das starke Besucherwachstum in der Hochsaison zu verdanken ist. Außerdem hat er den Palazzo Ducale für Hochzeiten geöffnet. Brautpaare können sich somit in den prunkvollen Renaissance-Sälen das „Ja-Wort“ geben. „Der Herzogspalast sollte nicht nur wichtigstes Kulturdenkmal, sondern eben auch ein zentraler Punkt des kulturellen Lebens der Stadt sein“, meint Aufreiter.

Den Museumskomplex der Region Marken mit seinen jährlich 200.000 Besuchern in eine moderne Struktur umzuwandeln, ist wegen überbordender Bürokratie und organisatorischer Rückstände alles andere als einfach. Das hat auch Aufreiter in seinen ersten Monaten in Urbino gemerkt. „Mit bürokratischen Problemen habe ich gerechnet. Die Lage ist jedoch komplexer, als ich anfangs erwartet hatte. Wir verfügen zwar über 250 Mitarbeiter, es fehlen jedoch Schlüsselfiguren wie Informatikexperten, Buchhalter und Archäologen. Auch die technische Assistenz lässt zu wünschen übrig. Zum Glück ist die Motivation des Personals sehr groß. Die Mitarbeiter sind äußerst entgegenkommend und versuchen, die anfallenden Probleme zu lösen“, berichtet Aufreiter, der eine enge Beziehung zu Urbino hat. Hier hat er einige Monate als Erasmus-Student verbracht und seine Frau kennengelernt.

Von den 4.000 Museen Italiens sind 400 staatlich. Museumsdirektor zu sein war bis jetzt in Italien eine Ehre, aber es fehlten Museumsmanager. Dies hat sich zuletzt mit einer von der Regierung vorangetriebenen Museumsreform geändert. So sollen sich Museumsdirektoren künftig auch mehr um die Vermarktung kümmern.

Von den bürokratischen Engpässen lässt sich Aufreiter nicht entmutigen. „Italien erlebt mit der Museumsreform eine großartige Phase der Erneuerung und es ist fantastisch und bereichernd, daran mitzuwirken. Das Interesse der Regierung in Rom, aus dieser Reform einen Erfolg zu machen, ist groß“, betont Aufreiter. Daher rät er österreichischen Kollegen, sich für die 20 Museumsposten zu bewerben, die Italien zuletzt neu ausgeschrieben hat. „Die Herausforderung ist zwar groß, aber es lohnt sich. Die Museumsreform ist ein enormer Schritt für Italien, aber auch die Ausgliederung der Museen in Österreich vor 20 Jahren war anfangs gleichfalls mühsam“, meint Aufreiter.