Angriffe und Drohungen bei zweitem TV-Duell Clinton gegen Trump

USA/St. Louis (Missouri)/Washington (APA/AFP/Reuters) - Vor dem Hintergrund der Affäre um vulgäre Äußerungen über Frauen haben sich die US-P...

USA/St. Louis (Missouri)/Washington (APA/AFP/Reuters) - Vor dem Hintergrund der Affäre um vulgäre Äußerungen über Frauen haben sich die US-Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump ein hitziges zweites TV-Duell geliefert. Trump versuchte bei der Debatte in der Nacht auf Montag, seine kürzlich bekannt gewordenen Äußerungen zu verharmlosen.

Er drohte seiner Rivalin zudem mit Gefängnis, sollte er Präsident werden. Clinton sprach ihm erneut die Eignung für das Amt ab.

Trump war wegen einer am Freitag bekannt gewordenen Videoaufzeichnung aus dem Jahr 2005 in Bedrängnis geraten. Darin hatte sich der Immobilienmogul damit gebrüstet, sich als Prominenter gegenüber Frauen vieles erlauben zu können. Trump versuchte nun, seine Äußerungen zu relativieren: „Das war ein Umkleidekabinen-Gespräch. Ich bin nicht stolz darauf“, sagte er bei dem TV-Duell. Er schäme sich dafür und respektiere Frauen.

Zugleich bestritt Trump, die in dem Video beschriebenen Übergriffe tatsächlich begangen zu haben. „Haben Sie diese Dinge getan?“, fragte der Moderator Anderson Cooper. Der Republikaner erwiderte darauf: „Nein, habe ich nicht.“

Clinton bewertete Trumps Entschuldigungen als fadenscheinig. Das Video zeige „genau, wer er ist“, sagte die Demokratin. Dies entspreche aber nicht den USA. Ihr republikanischer Kontrahent habe sich nicht nur abfällig über Frauen geäußert, sondern auch über Einwanderer, Afroamerikaner, Latinos, Behinderte und Muslime. Dafür habe er sich nie entschuldigt.

Trump ging nach seinen Entschuldigungen indes direkt zum Angriff auf Clintons Ehemann Bill über. Dieser habe sich als Präsident (1993-2001) „viel schlimmer“ verhalten als er selbst: „Bei mir waren es Worte, bei ihm Taten.“ Unmittelbar vor dem TV-Duell in St. Louis im Staat Missouri hatte Trump mit vier Frauen eine Pressekonferenz abgehalten - drei von ihnen werfen Bill Clinton vor, sie missbraucht zu haben.

Die 90-minütige Debatte vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl verlief in frostiger und aufgeladener Atmosphäre. Im Unterschied zum ersten von insgesamt drei Fernsehdebatten begrüßten sich die Kontrahenten nicht mit einem Händedruck. Einer CNN-Umfrage zufolge sahen 57 Prozent der Befragten in Clinton die Siegerin des Duells, 34 Prozent gaben an, Trump habe sich besser geschlagen. Damit siegte Clinton nach Einschätzung der Zuschauer aber nicht so eindeutig wie beim ersten Duell.

Auch das Institut YouGov vermeldete nach einer Befragung von etwas mehr als 800 eingetragenen Wählern, dass Clinton mit 47 zu 42 Prozent gewonnen habe. Allerdings ergab sich dabei ein Unterschied nach Geschlechtern: Eine knappe Mehrheit der Männer sahen Trump voran, die Frauen dagegen Clinton. Frauen sind für beide Kandidaten eine der wichtigsten Bevölkerungsgruppen, da sie 60 Prozent der vergleichsweise hohen Zahl von noch unentschlossenen Wählern ausmachen. Schon deswegen galt das neue Video als politisch bedeutsam. Trump war bereits vor der zweiten TV-Konfrontation in der Defensive: Der jüngsten Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge lag er fünf Prozentpunkte hinter seiner Rivalin. Da bereits in vielen US-Staaten bereits gewählt werden kann, läuft Trump die Zeit davon.

Für viele Republikaner stellt sich immer dringender die Frage, ob sie Trump noch unterstützen sollen. Bereits am Wochenende hatten zum Teil prominente Parteimitglieder sich mit Hinweis auf das sexistische Video von ihm distanziert. Einige forderten ihn auf, die Kandidatur aufzugeben. Trump wies dies vehement zurück. Am 8. November werden in den USA auch das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Angesichts von Trumps Umfragewerten besteht bei vielen Republikanern konkret die Sorge, dass er ihr eigenes Rennen in Gefahr bringen könnte.

Der Milliardär warf seiner Rivalin im Fernsehen vor, sie habe „Hass im Herzen“ und attackierte sie einmal mehr wegen ihrer E-Mail-Affäre - der regelwidrigen Nutzung ihres privaten Servers für ihre dienstliche Kommunikation in ihrer Zeit als Außenministerin. „Sie sollten sich schämen“, sagte er. Wenn er die Wahl gewinne, werde er einen Sonderermittler wegen der Affäre einsetzen. Als die Demokratin sagte, zum Glück sei nicht jemand mit Trumps Temperament für die Gesetze im Land zuständig, warf er ein: „Weil Sie dann im Gefängnis wären.“

Dafür erntete Trump heftige Kritik: Ex-Justizminister Eric Holder twitterte, in den USA werde politischen Gegnern „nicht mit Gefängnis gedroht“. Trump habe das aber getan und damit erkennen lassen, dass er „sein Amt missbrauchen“ werde. Auch Ari Fleischer, ein früherer Sprecher des Weißen Hauses, erklärte, siegreiche Kandidaten drohten Oppositionellen in den USA nicht damit, sie ins Gefängnis zu stecken.

Außenpolitisch spielte unter anderem der Syrien-Konflikt eine Rolle. Clinton kündigte an, dass sie bei einem Wahlsieg mögliche Kriegsverbrechen Russlands sowie der syrischen Führung in Syrien untersuchen lassen will. Trump distanzierte sich unterdessen von einer weitgehenden Forderung seines Kandidaten für die Vizepräsidentschaft, Mike Pence, zu einem militärischen Eingreifen der USA im Syrien-Konflikt. Er habe mit Pence nicht über dieses Thema gesprochen, und sei mit dessen Position „nicht einverstanden“.

Die Wortwahl bei der Debatte bewegte US-Medien wie CNN dazu, anschließend Sammlungen der „bösartigsten Zitate“ aus den 90 Minuten anzubieten. Erst zum Schluss des Duells schlugen beide Kandidaten versöhnlichere Töne an. Clinton sagte, sie respektiere, wie sehr Trumps Kinder dem Milliardär zugewandt seien. Er wiederum bezeichnete Clinton als Kämpferin - er bewundere, dass sie niemals aufgebe. Als die Moderatoren das Ende der Debatte erklärten, wandten sich beide Kandidaten einander zu und verabschiedeten sich per Handschlag. Die dritte und letzte Fernsehdebatte findet am 19. Oktober statt.