Ungarn - Gerüchte über bereits vollzogenen Verkauf von „Nepszabadsag“

Budapest/Wien (APA) - Ein bereits vollzogenen Verkauf des ungarischen Traditionsblattes „Nepszabadsag“ ist möglich, nachdem die Einstellung ...

Budapest/Wien (APA) - Ein bereits vollzogenen Verkauf des ungarischen Traditionsblattes „Nepszabadsag“ ist möglich, nachdem die Einstellung der Zeitung am Samstag durch die Mediaworks Gruppe bekanntgegeben worden war. Ein solcher Verkauf könnte nach Gesetzeslage einen Monat unentdeckt bleiben, da die Eintragung nur innerhalb von 30 Tagen beim Firmengericht erfolgen müsse, sagte Ex-Chefredakteur Karoly Vörös der APA.

Der frühere Chef von „Nepszabadsag“ (2004-2011) bezeichnete es zugleich als „freche Lüge“, dass Finanzprobleme für die Schließung vorgebracht wurden. Wer eine Zeitung „umpositionieren will, muss diese dazu nicht schließen“. Werde „Nepszabadsag“ in den kommenden Tagen nicht erscheinen, werde sie viele Leser verlieren und noch mehr Verluste einfahren, sagte Vörös. Das Blatt habe gute Arbeit geleistet. Denn es sei „Nepszabadsag“ gewesen, die in den vergangenen Wochen über „undurchsichtige Angelegenheiten“ von Antal Rogan, Kabinettschef von Premier Viktor Orban, sowie des ungarischen Notenbankchefs György Matolcsy berichtete.

Hinzu komme weiter, dass Orban das EU-Flüchtlingsquoten-Referendum verloren habe, da zu wenige Wähler hingegangen waren. „Das alles war zu viel.“ Die Zeitung sollte seiner Meinung nach wohl erst später „abgeschaltet“ werden, doch der Umzug der Redaktion sei eine gute Gelegenheit gewesen für das Aus des Blattes. Die Mitarbeiter zogen aus dem alten Redaktionssitz aus und durften den neuen gar nicht mehr betreten, kritisierte Vörös.

Während der Herausgeber Mediaworks, der sich bisher im Eigentum der österreichischen Investmentfirma Vienna Capital Partners (VCP) befand, zunächst nur die Einstellung der Zeitung kommunizierte, wird nun auch von einem möglichen Verkauf von „Nepszabadsag“ gesprochen, wie die Gruppe in einer Aussendung am Montag betonte. Nach Gerüchten in ungarischen Medien soll die gesamte Mediaworks Gruppe, die außerdem erst kürzlich den wichtigen ungarischen Regionalzeitungsherausgeber PLT erworben hatte, bald an einen Käufer gehen, welcher der Regierungspartei Fidesz-MPSZ nahesteht.

Die Pressegewerkschaft bezeichnete die Einstellung von „Nepszabadsag“ als den „schwärzesten Tag“ der ungarischen Presse- und Meinungsfreiheit und als eine „politische Entscheidung“. Denn gehe es um eine geschäftliche Entscheidung, sei es unnötig, den Zugang zur Internetausgabe der Zeitung auf nol.hu zu blockieren, konstatierte die Gewerkschaft.

Die vier Parlamentsabgeordneten des sozialliberalen oppositionellen Demokratenforums (DK) von Ex-Premier Ferenc Gyurcsany werden als Reaktion nicht mehr an der Arbeit des Parlaments und dessen Ausschüssen teilnehmen, berichtete das Portal index.hu. Der unmittelbare Grund für den Boykott sei die Einstellung von „Nepszabadsag“. Dies sei der „letzte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte“. Ausnahmen werden jene Abstimmungen sein, bei denen die Regierungspartei Fidesz am Erreichen einer Zwei-Drittel-Mehrheit gehindert werden soll.