Internationale Pressestimmen zum US-Wahlkampf

Washington (APA/dpa/AFP) - Über den US-Wahlkampf und die sexistischen Äußerungen des republikanischen Kandidaten Donald Trump schreiben inte...

Washington (APA/dpa/AFP) - Über den US-Wahlkampf und die sexistischen Äußerungen des republikanischen Kandidaten Donald Trump schreiben internationale Tageszeitungen am Dienstag:

„El Pais“ (Madrid):

„Obwohl es fast unmöglich schien, hat Donald Trump mit seinen Aussagen seine eigenen Grenzen der Vulgarität überschritten, die ein Niveau erreicht haben, das es in der amerikanischen Politik so noch nie gegeben hat (...). Die Aufzeichnungen, in dem der Tycoon sagt, was er über Frauen denkt, sind die eines egomanischen Schwätzers, der davon überzeugt ist, dass er alles tun kann. Wenn man bedenkt, dass es sich um jemanden handelt, der ins Weiße Haus einziehen will (...), muss dies tiefe Besorgnis hervorrufen. Es kann daher kaum verwundern, dass sich prominente Republikaner - wie gestern der Senator und frühere Präsidentschaftskandidat John McCain - von ihm abzuwenden beginnen. Hoffentlich ist es nicht zu spät.“

„Nepszava“ (Budapest):

„Von außen betrachtet schien es schon bisher unfassbar, dass sich Donald Trump mit guten Aussichten um das US-Präsidentenamt bewirbt, den vielleicht wichtigsten und entscheidendsten Job der Welt. Inzwischen denken aber auch viele im Land selbst, dass aus Trump kein Präsident werden kann und wird. (...) Das Rennen scheint entschieden, doch zu Ende ist es noch lange nicht. Eine TV-Debatte steht noch aus, weitere Schlammschlachten zeichnen sich ab. Es kann gut sein, dass das Video vom vergangenen Wochenende (mit sexistischen Äußerungen von ihm) für Trump jener Moment war, wie ihn (1979) die Geiselnahme von Teheran für (den damaligen, in der Folge abgewählten US-Präsidenten Jimmy) Carter darstellte. (...) Doch es ist noch lange nicht sicher, dass der Oktober keine weiteren Überraschungen bereithält.“

„La Repubblica“ (Rom):

„Der Engel und zugleich der Dämon von Hillary beobachtete (beim TV-Duell), wie sich die Ehefrau unter der Bürde windet, die genau er ihr auferlegt hat. Bill Clinton - Motor und gleichzeitig Last für Hillary - ist der erste Grund, warum diese Frau einen Monat vor den Wahlen in den USA vor einem Sieg steht, oder der Grund, warum sie verlieren wird. Er repräsentiert ein Leben, das gerade zurückkommt, in den letzten Stunden des Wahlkampfes, ein Leben, das einen Kontakt mit der Vergangenheit verlangt.“

„Le Monde“ (Paris):

„Donald Trump hat die politische Auseinandersetzung in den USA beschmutzt, pervertiert, bis zur Obszönität vulgär gemacht wie kein Kandidat für das Weiße Haus in der Geschichte des Landes vor ihm. Dieser Mann ist eine Gefahr für die Demokratie. (...) Ein großer Teil der Republikaner-Führung unterstützt ihn nicht mehr. Aber beim Kern der republikanischen Wählerschaft ist das anders. Die USA sind eine der ältesten und größten Demokratien der Welt. Was dort passiert lässt oft erahnen, was auch anderswo geschehen wird. Der Wahlkämpfer Trump hat die amerikanische Demokratie beschädigt. Im Weißen Haus würde er noch mehr machen: Er würde sie bedrohen.“

„Times“ (London):

Während der Debatte gelang es Trump, den Schaden zu begrenzen, der durch sein ‚Umkleideraum-Video‘ angerichtet wurde. In der wirklichen Welt hat ihn das allerdings die Unterstützung führender Republikaner gekostet und es wird ihn sicherlich auch die Stimmen unentschlossener Frauen und christlicher Konservativer kosten. Er behauptet, dass eine ‚schweigende Mehrheit‘ von ‚vergessenen Männern und Frauen‘ von den Meinungsforschern nicht erfasst wurde und für ihn stimmen wird, wenn es darauf ankommt. Er könnte Recht haben. Doch wenn nicht, ist sein Versuch, das Weiße Haus zu erobern, dem Untergang geweiht.“

„Süddeutsche Zeitung“ (München):

„Vor allem aber hat Trump einem wesentlichen Teil der Wähler eingeredet, alle ihre Probleme würden gelöst, wenn man nur eine hohe Mauer baut und jeden, den man irgendwie nicht mag, rauswirft oder gar nicht erst ins Land lässt.(...) Diese Menschen werden auch nach Trumps Niederlage an dessen Sündenbock- Gerede glauben. Das ist Trumps toxisches Erbe, der Giftmüll, den er in der amerikanischen Politik vergraben hat. Ihn zu beseitigen wird lange Zeit dauern, wenn es je gelingt. Clinton wird vermutlich gewinnen. Aber dann wird sie sich vor allem um Trumps Wähler kümmern müssen.“

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“:

„Vor diesem sogenannten Bürgergespräch war viel die Rede davon gewesen, dass es entscheidend sein könne für den Fortgang des Wahlkampfs und womöglich gar für den Ausgang der Wahl. Es war sogar gemutmaßt worden, Trump könne nach dem Aufruhr über seine sexistischen Sprüche (...) das Handtuch werfen. Davon kann nicht die Rede sein (...). Donald Trump wird nicht aufgeben, ob sich viele prominente Republikaner nun seiner schämen und auf Distanz zu ihm gehen oder nicht. Seine Vorstellung in der Nacht zum Montag war nicht die eines reuigen Sünders, sondern die eines aggressiven (...) Jägers, der Beute machen will. Seine treuen Anhänger (...) rücken nicht von ihm ab, nicht wegen seiner schmutzigen, zuweilen bösartigen Reden. Er ist die Stimme ihres Hasses auf jedwede Eliten, auf ‚das System‘ - und auf Hillary Clinton.“

„De Telegraaf“ (Amsterdam):

„Schmutziger schien der Wahlkampf nicht mehr werden zu können, aber er wurde es dann doch. Zwischen Donald Trump und Hillary Clinton tobt ein Krieg. Und jetzt heißt es Gürtel festziehen und ab durchs Ziel. Derweil scheint Amerika die Schlammschlacht langsam sattzuhaben. In diesem knochenharten Streit ist mittlerweile so viel Schaden angerichtet worden, dass man nach dem 8. November kaum noch von einem wirklichen Sieger sprechen kann. Der Wahlkampf zweier der unbeliebtesten Kandidaten, die es je gab, schleppt sich in einer düsteren und äußerst grimmigen Atmosphäre dem Ende entgegen. Es geht nur noch darum, sich gegenseitig runterzuziehen und so viel Schaden zuzufügen wie möglich. Eine Botschaft der Hoffnung oder eine Vision für das Land ist kaum noch auszumachen.“