Fragen und Antworten

Warum Samsung das Galaxy Note 7 vom Markt nimmt

Mit dem Rückruf des Smartphones Galaxy Note 7 erlebte Samsung ein beispielloses Debakel für die Branche.
© AFP/JOHN MACDOUGALL

Das Galaxy Note 7 zog Samsung immer tiefer in den Schlamassel. Auch bei einer vermeintlich nachgebesserten Geräte-Version wurden Brände gemeldet, schließlich entschloss sich Samsung, das Pannen-Smartphone ganz vom Markt zu nehmen.

Seoul -Am Ende ging alles ganz schnell. Erst stoppte Samsung erneut den Verkauf des problembehafteten SmartphonesGalaxy Note 7 - und gab das Gerät nur es wenige Stunden später ganz auf. Anfangs wurde das Telefon für seine Funktionen von den Fachleuten gelobt. Dann tauchten kurz nach der Auslieferung Berichteüber Brände auf.

Warum zieht Samsung das Galaxy Note 7 für immer aus dem Verkehr?

Samsung reagiert damit auf neue Berichte über brennende Smartphones dieses Typs. Das Brisante dabei: Es handelte sich bereits um vermeintlich sichere Austauschgeräte. Das ursprüngliche Modell wurde nach wenigen Wochen auf dem Markt wegen Brandgefahr zurückgerufen und nachgebessert. Doch die Probleme blieben. Noch am Montag hatte Samsungerklärt, die Produktionsplanung werdevorläufig angepasst. Doch jetzt zieht das Unternehmen die Notbremse. Es heißt, es bestehe die Gefahr einerÜberhitzung, das Note 7 sei ein Sicherheitsrisiko.

Was sind die Ursachen für die Brandgefahr?

Als Samsung Anfang September die erste Rückrufaktion ankündigte, wurden die Akkusals Fehlerquelle ausgemacht. Das Unternehmen ging davon aus, durch denAustausch des Gerätes inklusive neuer Batterien auf der sicheren Seite zu sein. Nach den neuen Bränden erklärt die koreanische Behörde für Technologie und Standards, das Gerät habe möglicherweise eine „neue Art von Fehler“, der über die Akku-Probleme hinausgehe.Laut Fachleuten könnte das Problem zum Beispiel auch in Steuer-Komponenten für die Batterien oder der Software liegen.

Warum greift Samsung zum radikalen Schnitt mit dem endgültigen Aus?

Samsung kämpft darum, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Wie schon bei der ersten Rückrufaktion betont Samsung auch jetzt, dass die Sicherheit höchste Priorität habe. In Südkorea hatte man bereits vorher Zweifel, dassdas Gerät jemals wieder auf den Markt kommen werde. „Wenn wir den Produktionslebens-Zyklus berücksichtigen, dann haben sie (Samsung) die Chance verpasst, den Marktanteil des Galaxy Note 7 im vierten Quartal wiederherzustellen“,sagt der Analyst Lee Seung Woo vom Wertpapierhaus IKB Securties in Seoul. Es sei besser für Samsung, auch die Produktion einzustellen, um einen größeren Schaden zu verhindern.

Wie schwer ist der Rückschlag für Samsung durch das Debakel?

Analysten erwarten, dass das Pannen-Smartphone die Position Samsungs im Markt schwächen wird. Nach der ersten Rückrufaktion wurde Samsung noch für rasches Handeln gelobt. Jetzt wird spekuliert, dass Samsung die Austausch-Geräte zu schnell für sicher erklärt habe. „Ich denke, es wird eine sehr lange Zeit dauern und viel Kosten verursachen, um den Markenwert nach dieser Art von Unfall wiederherzustellen“, sagt Lee. Er geht davon aus, dass vor allem Dauerrivale Apple profitiert. Allerdings hat Samsung noch zwei Flaggschiff-Smartphones auf dem Markt, das Galaxy S7 und das Galaxy S7 Edge. Von diesen Geräten wurden mehr verkauft als vom Note 7.

Wie teuer könnte es werden?

Beim anfänglichen Rückruf rechneten Analysten noch mit Kosten von rund einer Milliarde Dollar - schmerzhaft, aber für Samsung durchaus verkraftbar. Damals rechneten sie aber auch noch damit, dass das Note 7 wieder auf den Markt kommt und der Konzern vielleicht noch 12 Millionen Geräte statt der ursprünglich erwarteten 15 Millionen verkaufen kann. Allein durch den Produktionsstopp - ohne die Kosten des Rückrufs - dürften Samsung aber Milliarden an fest eingeplanten Einnahmen entgehen.

Wie reagieren die Investoren?

Samsung Electronics ist die wertvollste Marke in Südkorea. Nahmen die Investoren von Samsung die Rückrufaktion für das Galaxy Note 7 im September noch eher gelassen hin, reagierten sie diesmal auf den Verkaufstopp sehr heftig. Die Samsung-Aktie brach an der Börse in Seoul am Dienstag um mehr als acht Prozent ein und ging mit 1,55 Millionen Won (etwa 1245 Euro) aus dem Handel. Das war noch bevor das endgültige Aus verkündet wurde. Vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt geht man davon aus, dass das Unternehmen die Kosten des Smartphone-Debakels durch gute Geschäfte mit Halbleitern und Displays auffangen kann. (dpa, TT.com)

Chronologie

Wie Samsungs Problem mit dem Galaxy Note 7 immer größer wurde:

2. August:

Samsung stellt das „Phablet“ mit der Bildschirm-Diagonale von 5,7 Zoll vor. Das Vorzeigemodell soll im oberen Preissegment punkten, in dem Apple mit seinen iPhones stark ist. Der Finanzdienst Bloomberg berichtet später, Samsung habe sich beeilt, es deutlich vor dem September-Marktstart des iPhone 7 auf den Markt zu bringen.

19. August:

Das Galaxy Note 7 kommt in mehreren Ländern in den Handel. Nach und nach gibt es Berichte von Nutzern über brennende oder zumindest überhitzte Telefone. Ein Überblick über das Ausmaß des Problems fehlt zunächst.

2. September:

An dem Tag, an dem das Note 7 unter anderem auch in Deutschland breit in den Handel kommen sollte, gibt Samsung eine weltweite Rückrufaktion bekannt. Zunächst ist von 35 bestätigten Zwischenfällen die Rede.

8. September:

Die US-Flugaufsicht FAA und dann auch ihr europäisches Pendant EASA verbieten, Geräte des Modells in Flugzeugen zu nutzen oder aufzuladen. Sie dürfen auch ausgeschaltet nicht ins aufgegebene Gepäck.

16. September:

In den USA gibt es auch einen offiziellen Rückruf über die Verbraucherschutz-Behörde CPSC. Dabei werden deutlich mehr Fälle bekannt. Allein in dem Land seien demnach 26 Verbrennungen und 55 Fälle von Sachbeschädigung gemeldet worden.

19. September:

Samsung leitet den Austausch der Geräte ein. Zugleich wird der Verkauf von Beteiligungen an anderen Tech-Unternehmen im Wert von rund einer Billion Won (etwa 800 Mio Euro) bekannt. Die Kosten des Rückrufs für Samsung werden auf mindestens eine Milliarde Dollar (rund 900 Mio Euro) geschätzt.

22. September:

Die südkoreanische Behörde für Technologie und Standards (KATS) fordert von Samsung vor der Wiederaufnahme des Verkaufs zusätzliche Sicherheitsprüfungen. Unter anderem solle jede Batterie für das Gerät einem Röntgentestunterzogen werden.

27. September:

Samsung kündigt an, dass das Note 7 in Europa am 28. Oktober wieder regulär in den Handel kommen soll.

5. Oktober:

Ein gerade ausgeschaltetes Note 7 gerät in einem Flugzeug, das vor dem Abflug noch am Gate steht, in Brand. Nach Darstellung des Besitzers ist es bereits ein Austauschgerät.

9. Oktober:

Es werden vier weitere Fälle bekannt, in denen US-Verbraucher von Bränden mit Ersatzgeräten berichten. Zwei davon füllten demnach in der Nacht ein Schlafzimmer mit Rauch. Ein Telefon soll sich in den Händen eines 13-jährigen Mädchens in einer Schule entzündet haben. Die Mobilfunk-Anbieter AT&T, Verizon und T-Mobile US geben an ihre Kunden gar keine Note 7 mehr heraus.

10. Oktober:

Mehrere Medien berichten, Samsung setzte die Produktion des Geräts erneut aus. Vom Unternehmen heißt es dazu nur, die Produktionsplanung werde „vorläufig angepasst“.

11. Oktober:

Samsung stellt die Produktion des Note 7 ein. Kunden werden aufgefordert, auch die Ersatzgeräte nicht mehr zu benutzen. Samsung ermutigt sie zudem, ihre Geräte gegen andere Modelle einzutauschen oder sich den Kaufpreis zurückerstatten zu lassen.