Ski-Heroen und Theaterdonner: “Hi5“ mit neuem Album
Eigenständige musikalische Entwürfe von Jazz bis Pop: Diesen Herbst erzählen drei völlig unterschiedliche Tiroler Musiker und Bands ihre bestrickenden Geschichten.
Innsbruck –Seit fünf Jahren bespielen Hi5 virtuos die selbstgeschaffene Nische „Minimal Jazz Chamber Music“. Der Mix aus Prog Rock, Jazz und Kammermusik wird auf dem schlicht betitelten Album Nummer „Fünf“ um die Elektronik erweitert. Zum klugen Spiel mit klangverändernden Elementen wurde auch ein Laptop aufgeklappt, er hält sich aber dezent im Hintergrund. So komplex der Sound, so wenig überfrachtet klingt das neue Album, der gewohnte Hi5-Groove wirkt entspannter, zuweilen auch meditativer als noch auf dem Vorgänger „Attack Decay Sustain Release“. Begeistert über die „einzigartige musikalische Sprache, die man in dieser Form noch nie gehört hat“, zeigte sich auch die Jury der Ton Art Tirol (TAT) Jazzpreise, die gestern in der BTV Tonhalle vergeben wurden, „Fünf“ wurde als „Veröffentlichung des Jahres“ ausgezeichnet. Stets offen für Neues, versprechen Hi5, auch beim Festival fmriese neuartige Jazz-Grenzgänge zu unternehmen.
Im smoothen Album-Opener „Introducing“ wird der Hörer sacht an diese neuartigen Klangbilder herangeführt, schon bald entwickeln diese instrumentalen Geschichten ihren Sog. Von verschollenen Flugzeugen im melancholisch-schwebend bis irrlichternd-dramatischen „GNMS370“ über inspirierende Gemälde („Grad Filzwinkel“) wird der erzählerische Bogen gespannt. Überraschend kommt vielleicht die Begeisterung für den alpinen Skizirkus: In „Merci Merci Marcel“ wird Wintersportler Marcel Hirscher äußerst eleganter Beifall gespendet: „In den Wintermonaten, wenn wir auf Tour sind, verfolgen wir den Skiweltcup“, erklärt Chris Norz, der gemeinsam mit Philipp Ossanna die Stücke der Band komponiert. Morgen Abend werden Hi5 ihr neues Album live im Treibhaus Innsbruck vorstellen, erschienen ist ihre bislang fünfte CD auf SessionWorks Records, dem Label ihres Tiroler Jazzkollegen Christoph Pepe Auer.
Aufgenommen wurde „Fünf“ in Weyrerton, dem Studio des Tiroler Produzenten und Engineers Kenneth Winkler. Dass dessen eigene Kompositionen sowohl im Club als auch auf der Bühne funktionieren, belegt sein lang erwartetes Debütalbum „Blue Light District“ (Duzz Down San, ab Freitag erhältlich). Vom HipHop kommend hat sich Winkler alias Kentrix in Richtung Elektronik entwickelt, sein Debüt ist ein äußerst vielschichtiges, vorrangig instrumentales Werk. Im April hat der Innsbrucker seinen Teilzeitjob als Tontechniker am Tiroler Landestheater nach fünf Jahren an den Nagel gehängt – sein großer Auftritt als Komponist steht ihm noch bevor: Nächstes Jahr im Februar feiert seine Kammeroper „Totentanz“ (nach der gleichnamigen Tragödie von Franz Kranewitter, Libretto: Johannes Reitmeier) seine Uraufführung am Landestheater. Es wird ein „Crossover aus Livemusik und Playback, das elektronisch im Studio vorproduziert wurde“, erklärt Winkler.
Neben „elektronischen Liebesliedern“ haben auch drei Skizzen, die bereits für das Theater entstanden sind, Eingang auf dem Debüt gefunden. Etwa das epische „Before You Drown“ für Tanztheater oder das verspielt-zarte „Unicorn“ ohne Drums, das als Szenenmusik für „Bernarda Albas Haus“ entstanden ist. Mit seinen zunächst dystopischen, doch allmählich lichten Erzählungen vermag auch Kentrix zu fesseln: „Ich habe Bilder im Kopf, zu denen ich Musik mache.“ Das Artwork und die von Martin Potocnik gestalteten Videos tragen seinem visuellen Zugang Rechnung.
Betörende Geschichten völlig anderer Art erzählen indes Vaseva. Das Tiroler Duo (die Cousins Maria und Severin Posch) wird mit seiner EP „Tales of Time“ Freunde der „Alternative Music“ begeistern. Die Liebe zu altem Soul und Rock ist dem Songwriting deutlich anzuhören, ihren reizvollen Genregrenzgang bezeichnen Vaseva selbst als „Desert Pop Alternative Rock’n’Roll“. Und wovon handeln ihre „Tales“? „Von Geschichten, die uns passiert sind“, sagt Severin Posch. Auch diese klingen ganz bestrickend, live am 22. Oktober im Treibhaus zu hören, tags zuvor erscheint das Mini-Album auf dem Tirol-basierten Label Tuco Music. (sire)