Schwarze Null als Ziel: Schelling ruft Regierung zum Sparen auf
Finanzminister Schelling hat bei seiner Budgetrede einmal mehr eine Verbesserung beim strukturellen Defizit vermeldet. Ganz zufrieden ist er mit seinem Zahlenwerk aber nicht. Er sprach von einem “krisenfesten Budget“, aber auch etlichen “Problemfeldern“.
Wien - Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat am Mittwoch ein Budget ohne große Überraschungen vorgelegt. Mehr Geld gibt es 2017 etwa für die Bereiche Sicherheit und Integration. Ohne Sonderausgaben für die Flüchtlingskrise liegt das "strukturelle Defizit" bei 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit im in der EU vereinbarten Rahmen.
Mehr Geld ist im Budget 2017 für den Sicherheitsbereich vorgesehen, nämlich 440 Mio. Euro mehr fürs Innenministerium und 246 Mio. Euro mehr für die Landesverteidigung. Das Integrationsbudget wird um 250 Mio. Euro aufgestockt, die Mittel sollen vor allem gezielt für Deutsch- und Wertekurse eingesetzt werden.
Dennoch mahnte der Minister vernünftiges Sparen ein. Probleme sieht er bei Pensionen, ÖBB, Arbeitsmarkt und Bildung.
Für heuer muss Schelling noch einmal 525 Millionen Euro beim Unterrichtsministerium nachschießen. Grund ist die seit Jahren klaffende "strukturelle Lücke". Auch 2017 gibt es 250 Millionen Euro mehr.
Die im Frühjahr angekündigte Bedeckung der Fehlbeträge bis 2020 wird es laut Schelling aber nicht geben: "Da war der Wunsch Vater des Gedankens, aber das ist nicht der Wunsch des Finanzministers." Hier seien noch Reformmaßnahmen nötig, so Schelling.
Etliche Spitzen Richtung SPÖ
Schelling hat seine Budgetrede am Mittwoch im Nationalrat dazu genützt, ein Plädoyer für vernünftiges Sparen zu halten und gleichzeitig eine Politik des Schuldenmachens verdammt. Für den Koalitionspartner SPÖ hatte der Ressortchef jede Menge unerfreulicher Botschaften bei der Hand.
Ganz zufrieden ist Schelling nämlich mit seinem eigenen Zahlenwerk nicht. Denn eigentlich wäre sein Ziel ein Budget ohne neue Schulden gewesen, das Überschüsse produziere und Spielräume schaffe, die für eine aktive Politik notwendig wären.
Doch sei da die Flüchtlingsbewegung dazwischen gekommen und der Wunsch der Bevölkerung nach Investitionen in die Sicherheit des Landes. Immerhin sei es aber gelungen, ein "krisenfestes" Budget vorzulegen.
Zudem habe man sich in internationalen Rankings verbessert, die Steuerreform entfalte ihre Wirkung und der Schuldenstand reduziere sich dank des Schlusspunkts im "unrühmlichen" Kapitel Hypo-Alpe-Adria, für das er übrigens einmal mehr "jenen Herren" verantwortlich machte, mit dem er nur seinen zweiten Vornamen gemein habe - also den verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider.
"Spending Reviews" für die "schwarze Null"
Für die Zukunft kündigte Schelling gemäß dem schon im Vorfeld angekündigten Motto "Worte zahlen keine Schulden" an, die nächsten Schritte zur "schwarzen Null" setzen zu wollen. Dazu soll auch das Instrument der "Spending Reviews" dienen, also eine Ausgabenanalyse, die klar legen soll, welche Aufgaben noch zeitgemäß und notwendig sind.
Zusätzlich brauche es ein Commitment, keine neuen Schulden zu machen: "Den Wohlstand über neue Schulden erreichen zu wollen, ist der falsche Weg, wie uns Beispiele aus der Vergangenheit und leider auch aus der Gegenwart zeigen". Oberstes Prinzip müsse sein: "Der Staat spart bei sich selbst."
New Deal statt alter Kuhhandel
In Richtung Kanzler Christian Kern (SPÖ), der wie praktisch die gesamte Regierung Schellings zweiter Budgetrede lauschte, meinte der Finanzminister: "Der New Deal, den Kern angekündigt hat, wird von mir im vollen Umfang unterstützt. Der Mechanismus des New Deal kann aber nicht mit dem alten Kuhhandel betrieben werden."
So wandte sich Schelling dann auch, ohne die Wertschöpfungsabgabe explizit zu nennen, gegen jede Diskussion, die die Wirtschaft verunsichern könnte. Die Wirtschaft brauche Planungssicherheit. Als nächsten Schritt für das kommende Jahr plant der Finanzminister die Abschaffung der kalten Progression, und das "für alle Steuergruppen", also nicht bevorzugt untere Steuerklassen, wie das in der SPÖ überlegt wird.
Reformdruck bei Pensionen
Ebenfalls auf Konfliktkurs geht der Finanzminister, was das Thema Pensionen angeht. Jeder siebente Euro gehe in die gesetzliche Pensionsversicherung, daher bleibe der Reformdruck groß: "Wir werden uns Maßnahmen zu überlegen haben." Die von der SPÖ forcierte 100 Euro-Sonderzahlung für Pensionisten ist nicht im Budget eingeplant. Schelling ortete beim Koalitionspartner gar "eine relativ unfaire Vorgangsweise".
Der Bundeskanzler selbst verteidigte die Forderung: "Wir sollten sparen, wir sollten das Budget konsolidieren, aber wir sollten es richtig machen und nicht bei den Falschen sparen."
Ebenfalls hinterfragt wurden von Schelling milliardenschwere Verpflichtungen im Infrastrukturbereich. Schließlich richtete der Finanzminister der SPÖ noch aus, sich nicht mit Kleinigkeiten bei der Reform der Finanzaufsicht begnügen zu wollen: "In dieser Frage muss es große Reformen geben."
"Österreich wird für Brexit-Ausfälle nicht einspringen"
Scharfe Worte hatte Schelling in seiner 53-minütigen Rede auch Richtung Brüssel mitgebracht. Der Finanzminister versicherte, dass Österreich nicht für Budgetausfälle durch den "Brexit" einspringen werde: "Österreich wird nicht die Zechen für das Rosinenpicken anderer Länder zahlen."
Opposition kritisiert "alte Trampelpfade" und "leere Phrasen"
Die Opposition reagiert wenig schmeichelhaft auf die zweite Budgetrede von Schelling. "Statt neue Wege zu beschreiten, asphaltiert er alte Trampelpfade", so die Grüne Klubchefin Eva Glawischnig. "Das einzige, das verlässlich funktioniert in dieser Regierung, sind die Seitenhiebe auf den Koalitionspartner", kritisiert NEOS-Klubchef Matthias Strolz.
Glawischnig und der Grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann vermissen Akzente für Klimaschutz, Umwelt, Arbeitsmarkt, soziale Absicherung sowie Bildung und eine Föderalismus-Reform. Außerdem wirft Glawischnig Schelling vor, den von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) angekündigten "New Deal" bewusst zu konterkarieren: "Damit bietet die Koalition das Bild einer gespaltenen Regierung."
Auch Strolz kritisierte die Seitenhiebe Schellings auf den Koalitionspartner. Ansonsten habe Schelling nur "inhaltsleere Phrasen" geboten. "Mit dieser Regierung wird Erneuerung in Österreich nicht möglich sein", so Strolz in einer Aussendung. Von den Ankündigungen in Schellings letzter Budgetrede sei nur eine "schwarze Nullnummer" geblieben: "Die Forderung nach Reformen in den Bereichen Bildung, Pensionen und Kalter Progression werden kommentarlos ins nächste Jahr mitgenommen." (TT.com, APA)