Justiz und Kriminalität

Rocker-Kenner: Zusammenhalt ist treibende Kraft der Clubs

Spezialeinheiten vor dem Clubhaus der Hells Angels in Gießen.
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Vor der Beerdigung des erschossenen Gießener Hells Angels-Chefs erklärt Rechtsanwalt und Kriminologe Florian Albrecht die große Anteilnahme in der Szene.

Wettenberg – Der erschossene Gießener Hells Angels-Chef Aygün Mucuk wird an diesem Mittwoch in Gießen beigesetzt. Die Polizei rechnet mit großer Anteilnahme an der Trauerfeier für den getöteten Rocker-Boss. Mehrere hundert Trauergäste werden erwartet, darunter zahlreiche Rocker. Medienberichten zufolge haben sich Anhänger der Hells Angels aus dem In- und Ausland angekündigt.

Der Kriminologe und Rocker-Milieu-Experte Florian Albrecht führt die Anteilnahme auf die Geschlossenheit unter Gleichgesinnten zurück. „Zusammenhalt ist eine treibende Kraft für Rockerclubs. Das ist prägend für solch eine Subkultur, die von der Gesellschaft ausgegrenzt wird“, sagte der Polizeiwissenschaftler, der als Rechtsanwalt den Hells Angels MC Stuttgart in Kutten- und Waffenverbotsverfahren vertreten hat und als Kenner der Szene gilt.

Von 16 Kugeln getötet

Die Beisetzung ist am Nachmittag auf einem Gießener Friedhof geplant. Der 45-jährige Mucuk war am Freitag auf demGelände des Clubheims in Wettenberg von mindestens 16 Kugeln getroffen worden. Die Ermittlungen zu dem spektakulären Kriminalfall laufen. Mutmaßliche Täter wurden noch nicht gefasst.

Albrecht (39), der an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl (NRW) lehrt, hält die landläufige Behörden-Meinung, dass es in den meisten Rocker-Clubs kriminell zugehe, für überzogen. „Nicht alle Rocker sind Kriminelle. Die Polizei behauptet zwar, dass Rocker-Clubs die Kriminalität fördern. Soziologen aber sagen, dass solche Mitgliedschaften entgrenzten Personen, zum Beispiel aus dem Rotlicht-Milieu, auch Halt geben können.“

Nach Angaben des Bundeskriminalamtes haben sich in Deutschland rund 9300 Rocker in mehr als 600 lokalen Ablegern organisiert. Seit 1983 haben deutsche Behörden mehr als 30 Clubs als kriminelle Vereinigungen verboten. (dpa)