Landeck

Wie aus Lawinensprengern Eventmanager wurden

Künstliche Lawinensprengungen stehen im Winter in Tirol auf der Tagesordnung.
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Auf einer Party lässt man es krachen – aber nicht überall, wo es kracht, findet eine Veranstaltung statt. Ausnahme: Lawinensprengmasten.

Von Matthias Reichle

Landeck, Ischgl — Die Skigebiete im Bezirk Landeck sind bekannt dafür, dass sie es beim Après-Ski im Tal so richtig krachen lassen. Dass auch am Berg der Sicherheit wegen gefeiert bzw. gefeuert wird, ahnen die meisten Gäste nicht. Es ist eine Kuriosität aus der Welt der Juristerei: Anlagen wie Lawinensprengmasten, die es in heimischen Skigebieten zuhauf gibt, unterliegen nämlich dem Tiroler Veranstaltungsgesetz. Und wenn Lawinenkommissionen auf schroffen Graten, einsamen Senken und vorspringenden Bergflanken potenziell gefährliche Schneewechten ablösen, dann wurde das zumeist vom Bürgermeister oder in einigen Fällen von der Bezirkshauptmannschaft als „ständige Veranstaltung" genehmigt. Es ist wohl die einzige Gemeinsamkeit der Lawinensprengung mit ihren juristischen Vettern, den Konzerten, Fasnachtsumzügen oder großen Zeltfesten.

Auslöser für diese seltsame Konstruktion ist der Verfassungsgerichtshof mit seinem so genannten Loipenerkenntnis, erklärt Bernd Tamanini, Leiter des Gewerbereferats an der Bezirkshauptmannschaft Landeck. Damals wurde eine Beschwerde gegen eine Beschneiungsanlage, die zu einer Langlaufloipe gehörte, verhandelt. Das Gericht urteilte, dass es sich bei einer solchen nicht um eine gewerbliche Betriebsanlage handelt, sondern — weil es ein Vergnügen ist, dort zu sporteln — das Veranstaltungsgesetz der Länder greife. Was harmlos klingt, zog aber einen Rattenschwanz von juristischem Feintuning hinter sich her — denn plötzlich waren auch Skipisten betroffen, Pistengerätegaragen — und eben auch Sicherungsanlagen.

Bei Namen wie „Lawinenorgeln" und „Lawinenpfeifen" könnte man solche Installationen wohl noch mit viel Augenzudrücken im weiten Feld der Veranstaltungstechnik einordnen — sie treffen zumindest der Wortherkunft nach den Ton. Aber wie steht es mit Lawinensprengbahnen, so genannten Gazex-Anlagen oder Sprengmasten, wie sie derzeit wieder im Ischgler Skigebiet verhandelt werden? Naturgemäß nimmt das Gesetz auch sie ins Visier.

„Für Juristen ist das eine richtige Wohlfühloase", kommentiert Tamanini solche rechtlichen Spitzfindigkeiten. Auch für ihn selbst sei es am Anfang eigentümlich gewesen. „Wir vollziehen das jetzt seit elf Jahren so. Man ist das irgendwann gewohnt."

Und wie sehen es die direkt Betroffenen, wie Hannes Parth, Vorstand der Silvretta Seilbahnen? In Ischgl gibt es allein 36 Gazex-Anlagen und an die 40 Sprengmasten. „Der Name, na ja. Aber die Genehmigungsverfahren sind sehr gut und sehr gewissenhaft. Da geht es ja um Sicherheit", so Parth.

Aber nachteilig ist es ja nicht. „Die Skigebiete reichen praktisch die gleichen Unterlagen bei uns ein wie davor", betont Tamanini. Und weil Bereiche wie Lärm und Nachbarschaft beim Verhandeln von Veranstaltungsrechtlichem im Hochgebirge in den allerwenigsten Fällen ein Thema sind, werden auch hier Sicherheitsaspekte geprüft: etwa ob der Standort passt und die Anlage dem Stand der Technik entspricht.

Eine genaue Anzahl solcher „Dauerveranstaltungen" im Bezirk kann Tamanini nicht benennen. Ein Glück, dass sie nicht die Kriterien der Veranstaltungsförderung erfüllen. Es wäre ein lukratives Feiern ... pardon: Feuern.

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