Ski Alpin

ÖSV-Coach Kriechbaum: Fixplatz für Veith in Sölden, Start offen

Vom Europacup in den Weltcup – eine schwierige Hürde für eine Skifahrerin: Jürgen Kriechbaum mit der Tirolerin Stephanie Brunner.
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ÖSV-Damencheftrainer Jürgen Kriechbaum (49) im TT-Gespräch – über den Weltcup-Auftakt kommende Woche in Sölden, den noch offenen Start von Anna Veith und den Umgang mit Tränen im Ziel.

Nächste Woche ist der Auftakt zu Ihrer dritten Weltcup-Saison als ÖSV-Damen-Chef. Sind die Vorbereitungen abgeschlossen?

Jürgen Kriechbaum: Noch nicht wirklich. Die Rennen in Sölden kommen wie alle Jahre zu einem sehr frühen Saisonzeitpunkt. Ab morgen findet bis zum Samstag im Ötztal ein internationales Training statt, das werden wir auch nützen. Aber ich freue mich schon. Der Riesentorlauf in Sölden ist immer ein schönes und herausforderndes Rennen.

Steht die Aufstellung für das erste Rennen schon?

Kriechbaum: Fixstarterinnen sind die Läuferinnen aus den Top 30, also Eva-Maria Brem, Michaela Kirchgasser, Stephanie Brunner und Carmen Thalmann. Und natürlich Anna Veith. Bei den anderen werden wir noch sehen; Cornelia Hütter, Kathrin Truppe, Ricarda Haaser, Rosina Schneeberger – für eine Aufstellung ist es noch zu früh.

Wie wichtig ist es für das Team, dass Anna Veith jetzt wieder im Weltcup startet?

Kriechbaum: Natürlich sehr. Anna ist eine große Stütze unserer Mannschaft, nicht nur, aber auch durch die Art und Weise, wie sie Ski fährt.

Der Ausfall einer Topläuferin kann aber auch den Weg für eine neue frei machen.

Kriechbaum: Wir hatten nicht wirklich das Problem, zu wenig Startplätze zu haben und so haben viele ihre Chance nützen können. Insgesamt fuhren 26 verschiedene Läuferinnen in die Punkte. Daran sieht man, dass wir viele mit großem Potenzial haben. Und Cornelia Hütter hat sich im letzten Jahr als Speed-Zugpferd toll entwickelt. Man zählte sie bei jedem Rennen zu den Podestanwärterinnen.

Kommt Ihnen der neue Nachname von Anna als nun verheiratete Veith schon leicht über die Lippen?

Kriechbaum: (lacht) Manchmal muss ich noch denken, aber ich habe zuletzt so oft ihren Namen geschrieben, dass er schon alltäglich wurde. Es ist vergleichbar mit der Gewöhnung an eine neue Zahl zum Jahreswechsel.

Veith gab an, am Tag vor dem Sölden-Rennen über ihren Antritt entscheiden zu wollen. Wie realistisch ist ihr Start im Ötztal?

Kriechbaum: Das lässt sich noch nicht sagen. Sie trainiert. Die nächsten Einheiten auf steilem, hartem Untergrund werden wohl entscheidend sein. Ob sie antreten kann oder nicht, kann also erst sehr spät fixiert werden.

Sie sprachen von 26 Läuferinnen, die im Vorjahr Weltcup-Punkte eingefahren haben. Ist das Ihr Gradmesser für Erfolge?

Kriechbaum: Nur bedingt, aber daran kann man ablesen, wie sich eine Mannschaft entwickelt. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 kamen lediglich 15 in die Punkteränge. Unsere Verbandsführung fordert, in allen Disziplinen vorne mitzumischen. Das ist ein hochgestecktes Ziel. Es gilt also, früh Schwachstellen zu erkennen. Und für die im Weltcup Angekommenen gilt es, von den Top 20 zu den 15 und dann besten 10 zu drängen.

Der Übertritt vom Europacup in den Weltcup ist meist schwierig. Oft geht man noch einmal einen Schritt zurück. Warum?

Kriechbaum: Ideal wäre es, wenn man von der Europacup-Spitze direkt in die Weltspitze fährt. Das gelingt aber in den wenigsten Fällen. Auch Anna Veith hat in ihrer Paradedisziplin Riesentorlauf am längsten gebraucht, um an die Spitze zu kommen. Die Startnummer ist hoch, die Hänge sind anders präpariert. Trotz 13 Europacupsiegen konnte Anna nicht regelmäßig unter die Top 30 fahren. Das dauerte eineinhalb Jahre, es braucht also seine Zeit. Man kann sich aber auch im Europacup das Selbstvertrauen holen. Wenn man als Siegerin dann im Weltcup startet, so wie heuer Stephanie Brunner, ist das gut für den Kopf.

Profitieren Sie in der Arbeit mit den Damen von den Erfahrungen als Vater zweier Töchter und Ehemann?

Kriechbaum: Wenn man sich so wie ich glücklich schätzen kann, eine tolle Frau und zwei entzückende Töchter zu haben, die vielleicht auch mal emotional reagieren – in die eine und auch andere Richtung – kann das schon helfen. Insofern weiß man vielleicht besser, mit Tränen im Ziel umzugehen. Man versucht dann nicht, gleich alles zu klären, sondern lässt den Läuferinnen Zeit. Vieles klärt sich dann oft von alleine.

Apropos Emotion – Sie waren Matthias Lanzingers Trainer als er 2008 sein Bein verlor und ein Jugendfreund von ÖSV-Teamarzt Michael Sachs, der im Feber in Crans-Montana verstarb. Inwieweit haben Sie diese Erlebnisse verändert?

Kriechbaum: Unfälle, wie jener von Matthias, prägen. Ich versuche, das Thema Sicherheit so genau wie möglich zu betrachten. Ich weiß aber, dass man ein Risiko eingehen muss, um Rennen zu gewinnen. Es gilt, mit den Läufern die richtige Dosis zu finden. Das ist eine interessante Arbeit. Und der Tod von Michael war tragisch, hatte aber nichts mit dem Rennen zu tun. Das geht nahe, vor allem wenn man an seine Frau und Tochter denkt. Am liebsten würde man die Koffer packen und heimfahren. Aber wie so oft schöpft man auch danach wieder Hoffnung. Das Leben geht weiter, davonrennen bringt nichts.

Das Gespräch führte Sabine Hochschwarzer

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