CETA - Kriebaum: Entschädigungspflichten nur im Ausnahmefall
Wien (APA) - Das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada (CETA) wird kein Land daran hindern, neue Umwelt- oder Sozialgesetze zu...
Wien (APA) - Das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada (CETA) wird kein Land daran hindern, neue Umwelt- oder Sozialgesetze zu erlassen, sagt Ursula Kriebaum, Professorin für Völkerrecht an der Uni Wien. Solange Gesetze im üblichen regulatorischen Rahmen liegen, etwa Umwelt- oder Sozialstandards heben, habe dies noch nie vor einem Schiedsgericht zu einer Verurteilung geführt.
Zu einer Verurteilung eines Staates könne es nur kommen, wenn entweder Willkür beziehungsweise Diskriminierung nachgewiesen werde, oder einer Firma gemachte spezifische Zusagen nicht eingehalten wurden. Als Beispiel nannte Kriebaum im Gespräch mit der APA den Fall Argentiniens: Da seien nach dem Jahr 2000 Investoren mit dem Versprechen ins Land geholt worden, dass der Peso an den Dollar gebunden bleibe und die Tarife im Gleichschritt mit den US-Konsumentenpreisen erhöht werden dürfen. Als wenige Jahre danach beide Kriterien von der argentinischen Regierung gestrichen wurden, hätten Schiedsgerichte auf Bruch von Zusagen und Schadenersatz entschieden. Aber CETA sei auch hier vorsichtiger und schreibe nur fest, dass so eine Situation berücksichtigt werden „kann“ - nicht muss.
Auch hält es Kriebaum für wenig wahrscheinlich, dass in Österreichs Gesetzgebung willkürliche oder diskriminierende Entscheidungen gefällt werden - das würde dem heimischen Recht widersprechen. Sozial- und Umweltgesetzgebung gelte ja für alle, daher komme keine Diskriminierung zustande. Allerdings müsse sich jeder Staat vorher überlegen, welche Versprechungen er einer Firma macht - denn diese müssten dann auch eingehalten werden.
Zwischenstaatliche Schiedsgerichtsbarkeit gebe es seit 1794, in 3.000 bilateralen Investitionsschutzverträgen gebe es das Instrument und bisher habe man das unbedenklich gefunden, hatte Kriebaum schon am Sonntag „im Zentrum“ gesagt. Es gebe keinen Fall, in dem ein Staat ein Gesetz nicht erlassen durfte. Jedes Mal wenn Staaten im Umweltschutzinteresse reguliert haben, hätten die Investoren Klagen dagegen verloren. Und müssten dann laut CETA auch die Verfahrenskosten tragen.
Österreich sei noch nie von einem Schiedsgericht verurteilt worden, so Kriebaum. Auch sonst sei es selten, dass Investoren gewinnen - in jüngerer Zeit seien nur 3 von 27 Fällen von Firmen gewonnen worden. Die meisten in der Öffentlichkeit zitierten Fälle lägen schon länger zurück - früher sei die Rechtsprechung noch unternehmerfreundlicher gewesen. Und unter CETA ähnle das Schiedsgericht ohnehin mehr echten Gerichten als klassischen Schiedsgerichten. Es soll mit 15 staatlich nominierten kompetenten Personen besetzt werden, aus denen dann drei für einen konkreten Fall ausgewählt werden, je einer für Kanada, die EU und „neutral“. Von einem „privaten“ Schiedsgericht zu sprechen sei daher falsch.