EU-Innenminister für „flexible Solidarität“ und Außengrenzschutz
Luxemburg/Wien (APA) - Die EU-Innenminister beraten am Donnerstag in Luxemburg über Reformen der europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik, ...
Luxemburg/Wien (APA) - Die EU-Innenminister beraten am Donnerstag in Luxemburg über Reformen der europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik, den Außengrenzschutz sowie eine Verlängerung der Grenzkontrollen im Schengen-Raum. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach sich bei seiner Ankunft für den von osteuropäischen Staaten lancierten Vorschlag der „flexiblen Solidarität“ aus. Konkrete Beschlüsse werden nicht erwartet.
„Wenn wir ein gemeinsames Dublin-System zustande bringen wollen, müssen wir auf die unterschiedlichen Überlegungen der Einzelnen Rücksicht nehmen“, erklärte Sobotka. Als ein erfolgreiches Beispiel der anderen Lastenteilung nannte der Minister die Übernahme der Betreuung von Hunderten Flüchtlingen, die in Österreich einen Asylantrag gestellt haben, durch die Slowakei.
Dem schloss sich auch sein slowakischer Amtskollege Robert Kalinak an. „Migranten sind keine Zahlen, sie haben ihren eigenen Willen, ihre eigenen Wünsche“, betonte er. Die EU müsste also die Maßnahmen der Situation entsprechend anpassen.
Die Slowakei, die seit 1. Juli bis zum Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft innehat, gilt als Urheber des Konzepts, wonach Staaten nicht nur durch die Aufnahme von Asylwerbern beitragen könnten, sondern auch durch Finanzmittel oder die Bereitstellung von Grenzschützern. Beim EU-Sondergipfel in Bratislava Mitte September präsentierte die Visegrad-Gruppe (Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei) das Papier dann offiziell.
Am Vormittag sprechen die EU-Innenminister zunächst über die verstärkte Sicherung der Außengrenzen und den schrittweisen Aufbau der neuen EU-Behörde für Grenz- und Küstenschutz. Sie soll bis Anfang Dezember eine Reserve von mindestens 1.500 Grenzschützern erhalten, die bei Krisen binnen weniger Tage an die EU-Außengrenze verlegt werden können.
Dies sei der „wesentliche Punkt“ des Treffens, betonte Sobotka. Die 1.500 Beamten seien jedoch „noch immer zu wenig“ - insbesondere was die „blaue Grenze“ - also die Seegrenzen zu Italien und Griechenland - angeht, unterstrich der österreichische Innenminister. Neben einem „engmaschigen Schutz“ - auch mit militärischer Unterstützung - forderte er zudem, die auf See geretteten Migranten „sofort wieder nach Libyen und Algerien“ zurückzuschicken.
Die Rettungsmission wolle er dabei nicht infrage stellen, aber: „Sie können sie ja retten, aber sie können sie auch zurückstellen. Das ist der wesentliche Punkt“, betonte Sobotka. Für Flüchtlingslager in Nordafrika warb erneut auch Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere. Dort solle in sicheren Unterbringungsmöglichkeiten geprüft werden, ob sie Asyl bekommen könnten, sagte er. „Mit großzügigen Kontingenten“ könnten schutzbedürftige Flüchtlinge nach Europa gebracht werden. „Die anderen müssen dann zurück in ihre Heimat.“
Der libysche Außenminister Mohammed Taher Siala hatte dem Vorschlag kürzlich bei einem Wien-Besuch freilich eine Absage erteilt und erklärt, lediglich Flüchtlinge „mit einem libyschen Visum“ zurücknehmen zu wollen. Aktuell startet die überwiegende Mehrheit afrikanischer Flüchtlinge von der Küste des Bürgerkriegslandes in Richtung Italien.
Am Nachmittag diskutieren die Minister dann über die Reform des europäischen Asylsystems. Umstritten ist ein Vorschlag der EU-Kommission, Flüchtlinge ab einer gewissen Schwelle aus Ankunftsländern automatisch auf andere EU-Staaten zu verteilen. Aufnahmeverweigerer müssten Strafgelder zahlen. Dagegen sperren sich vor allem osteuropäischen Staaten. Auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich kürzlich skeptisch gezeigt.
Sobotka erklärte am Donnerstag, den Vorschlag eines gemeinsamen europäischen Asylsystems grundsätzlich zu unterstützen. Allerdings müsste in den Punkten wie Familiennachzug und Zugang zum Arbeitsmarkt etwas nachgebessert werden. De Maiziere betonte, der Prozess solle in spätestens eineinhalb Jahren abgeschlossen sein. Das wäre „ein sehr gutes Tempo (...). Und das brauchen wir auch“, so der deutsche Politiker. „Das bisherige Asylsystem hat sich in der Krise als nicht praxistauglich erwiesen.“
Am Rande des Innenministertreffens soll auch über eine Verlängerung der Binnengrenzkontrollen im Schengen Raum diskutiert werden. Aktuell erlaubt die EU-Kommission diese noch bis Mitte November Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen und zwar auf Grundlage der Tatsache, dass der EU-Außengrenzschutz aktuell durch Griechenland nicht gewährleistet ist. Deutschland und Österreich warben am Donnerstag vehement für eine Verlängerung der Kontrollen. Angesichts der Zehntausenden Migranten in Griechenland und den Balkanstaaten könne er sich nicht vorstellen, das die Kontrollen nicht verlängert werden, so Sobotka.