Michal Kovac - Erster slowakischer Präsident bot Meciar die Stirn

Bratislava (APA) - Lange vor seinem Tod hatte sich Michal Kovac deutlich in die Geschichte der souveränen Slowakei eingeschrieben. Der erste...

Bratislava (APA) - Lange vor seinem Tod hatte sich Michal Kovac deutlich in die Geschichte der souveränen Slowakei eingeschrieben. Der erste slowakische Staatschef nach der friedlichen Trennung von Tschechien wurde noch zu Lebzeiten zum Symbol des Widerstands gegen das Meciar-Regime, die düsterste Etappe in der Entwicklung des jungen Landes. Kovac starb am 5. Oktober 86-jährig an Herzversagen.

„Der Premier (Meciar) ist nicht fähig, zusammenzuarbeiten und einen korrekten Dialog zu führen. Wegen seines Misstrauens kann er nur mit Menschen zusammenarbeiten, die ihm in gewisser Weise verbunden sind“, stand zur allgemeinen Überraschung im historischen Bericht zur Lage der Nation von Kovac am 9. März 1994. Das bis dahin als politisch schwach betrachtete Staatsoberhaupt, das von Meciars Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) für den Posten nominiert worden war, attackierte damit seinen einstigen Parteichef scharf. Das führte zu einem Aufstand mehrerer HZDS-Abgeordneter und schließlich zum Sturz der zweiten Regierung Meciar.

Der anschließende Clinch zwischen Meciar und Kovac prägte einen großen Teil der slowakischen Geschichte der 90er Jahre. Meciar hatte nach der Wende mehrere Menschen in die hohe Politik gebracht, nur sehr wenige stellten sich aber schließlich gegen seinen immer autoritäreren Führungsstil, begleitet von rasender Korruption und mafiaähnlichen Wirtschaftspraktiken im Land, was bis zur Aussetzung der EU- und NATO-Beitrittsprozesse führte. Kovac stand jahrelang unbestritten an der Spitze der Widersacher des kontroversen Ministerpräsidenten.

Der 1930 im ostslowakischen Lubica geborene Kovac hatte es ursprünglich nicht auf eine politische Karriere abgesehen. Der studierte Ökonom war im Sozialismus Bankexperte und sogar Vizechef der tschechoslowakischen Zivnostenska Banka in London. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 wurde er zu Beginn der sogenannten Normalisierung des Kommunistenregimes aus dem Ausland abberufen und aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Bis zur Wende 1989 schlug er sich als normaler Bankbeamter und später Forschungsarbeiter im Bereich Bankwesen durch.

Erst nach der Samtenen Revolution engagierte sich Kovac politisch, zunächst in der Öffentlichkeit gegen Gewalt, später in Meciars HZDS. Schon im Dezember 1989 wurde er Finanzminister der slowakischen Teilrepublik der Tschechoslowakei, später war er Abgeordneter der Föderalversammlung der gemeinsamen Republik und anschließend ihr Vorsitzender. Nach der Trennung beider Länder am 1. Jänner 1993 kehrte er von Prag nach Bratislava zurück und wurde nur rund einen Monat später als Kompromisskandidat vom slowakischen Parlament zum ersten Staatspräsidenten gewählt.

Ein Jahr später entwickelte er sich vom einstigen Weggefährten zu einem der heftigsten Kritiker Meciars. Aber nach der legendären Rede von Kovac zur Lage der Nation im Parlament kehrte Meciar an die Spitze seiner nun schon dritten Regierung zurück, und der erbitterte Kampf um die Zukunft des jungen Landes zwischen den beiden Spitzenpolitikern flammte voll auf. Kovac wurde von Meciar-Getreuen als Verräter gebrandmarkt, kurz darauf wurde sein Sohn nach Österreich verschleppt, wodurch der Präsident zum Rücktritt gezwungen werden sollte.

Nachdem die Amtszeit von Kovac 1998 ausgelaufen war, war das Parlament nicht fähig, sich auf einen Nachfolger zu einigen und die Kompetenzen des Präsidenten gingen auf Meciar über. Als Interimspräsident verhängte dieser eine umstrittene Amnestie. So konnte in der Causa der Entführung von Kovac‘ Sohn bis heute nicht ermittelt werden.

Mit seinem Widerstand gegen Meciar hat Kovac trotz unangenehmer Konsequenzen für sich selbst und seine Familie zweifellos zur Entwicklung der Slowakei in Richtung einer regulären parlamentarischen Demokratie beigetragen. Auch dank seines Wirkens ist das Land heute fest in EU und NATO integriert. Seine Entscheidung hat er sichtlich nicht bereut: „Ich will nicht glauben, dass, wenn man eine moralisch unausweichliche Handlung setzt, dies negativ sein könnte. (...) Trotz allem, was danach geschehen ist, sage ich auch heute: Es war notwendig, es zu tun und es hatte Sinn“, schrieb er in seinen Erinnerungen.

„Er war Präsident in einer komplizierten Zeit, als ein rücksichtsloser und drastischer Kampf um den inneren Charakter und die Zukunft der Slowakei auf der Landkarte Europas geführt wurde. Präsident Kovac hat sich in diesem Kampf bewährt“, bewertete der aktuelle Staatspräsident Andrej Kiska das Wirken seines Vorgängers.