Lieferservice: Modernes Essen auf Rädern
Das Frühstück vom Boten, die Jause vom Kurier und die Suppe vom Postler. Immer mehr Zustelldienste bieten ungewöhnlichen Lieferservice an, der sogar bis ins Theater reicht.
Von Deborah Darnhofer
Innsbruck –Pizza, Nudeln, Kebap: In Tirol konnte Lieferservice bislang nicht gerade mit Abwechslung punkten. Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Immer mehr Speisen und Getränke kommen auf Rädern. Und Hungrige werden von früh bis spät, von Frühstück bis Theaterbesuch versorgt.
Der umkämpfte Frühstücksmarkt in Innsbruck ist seit zwei Wochen um eine Idee reicher. Diese haben drei findige Studenten, Lukas Grubwieser, Fabian Mair und Markus Huber, sozusagen auf nüchternen Magen geboren. „In der Wohngemeinschaft von Lukas Grubwieser und Fabian Mair waren an einem Samstagvormittag keine Lebensmittel mehr im Kühlschrank. Nach einer kurzen Suche stellten die beiden fest, dass kein Lieferservice existiert, der am Vormittag liefert“, erzählt Markus Huber. Die Physik-, Chemie- und Medizin-Studenten legten ihre Bücher beiseite und entwickelten die „Bruncheria“.
Per Telefon oder Internet kann nun ab 7:30 Uhr bis 12:30 Uhr Frühstück bestellt werden (Mindestbestellwert 8,50 Euro, ab 15 Euro keine Lieferkosten). Das Service wird nur in Innsbruck und am Wochenende angeboten, an den beiden letzten gingen bei Huber und seinen Freunden insgesamt 75 Bestellungen ein. Die Firmengründer sind zufrieden, studieren vorerst aber weiter.
„Wir sehen einfach den Bedarf, weil oftmals Zeit oder Motivation fehlen und man aber gleichzeitig einfach nicht auf Frühstück verzichten bzw. bis zum Mittagessen ,durchhalten‘ will.“ Die Bequemlichkeit der Menschen und ihre Zeitknappheit lässt Zustelldienste stark wachsen, weiß Huber. „Natürlich kann festgehalten werden, dass gerade durch Online-Bestellungen das Segment boomt. Diverse global ausgelegte Studien prognostizieren etwa, dass E-Commerce bis 2020 ein Trillionenmarkt werden könnte.“
In Tirol wird noch mit kleineren Brötchen gebacken und geliefert, auch am Vormittag zur Jause. Peter Recheis etwa ist seit Mai 2015 als Ein-Mann-Unternehmer unterwegs, um die Mägen Berufstätiger zu füllen. Als „Jausenpeda“ liefert er Brötchen, Mehlspeisen und Getränke auf Baustellen und in Büros. „Außerdem verteile ich morgens von Montag bis Samstag ofenfrisches Bäckerbrot an die Haustüren der Gemeinde Patsch und Umgebung“, ergänzt Recheis. Brot, Snacks und Erfrischungen (Wurstsemmel ab 1,50 Euro, Kaffee ab 1,90 Euro) können bei ihm via Telefon oder Internet bestellt werden. Auf Mindestbestellmengen und Lieferkosten verzichtet er.
„Der Lieferservice boomt und die Bequemlichkeit der Menschen nimmt stetig zu. Alles was an Arbeit abgenommen wird – besonders die Jausen-Zubereitung am Morgen – wird akzeptiert und angenommen“, bestätigt Recheis.
Auch zu Mittag entfallen das Essengehen, Jausekaufen oder Selbstkochen, hier übernimmt Stefan Kollbauer. Der Salzburger gründete vor eineinhalb Jahren „mysoup“. Kollbauer schwingt den Kochlöffel, bereitet Suppe und füllt sie in Gläser. Seit Kurzem verschickt er seine Bio-Suppen österreichweit (Suppen ab 3,90 Euro, 6 Euro Versandkosten, entfallen ab 50 Euro). „Schuld ist meine Frau. Sie hat immer gesagt, es braucht eine Alternative zu Leberkässemmel und Kebap“, sagt Kollbauer. Gesagt, getan – die Suppen werden mit saisonalem Gemüse zubereitet und kommen ohne Zusatzstoffe aus. Konserviert werden sie „wie in Omas Zeiten“: Heiß abgefüllt und im Wasserbad gekühlt sind sie mehrere Wochen haltbar und bereit für spezielle Thermoboxen, die per Post verschickt werden (immer freitags).
Beim zugestellten Essen gibt es nichts, was es nicht gibt. Supermärkte, wie etwa MPreis (Innsbruck), Merkur und Interspar (Wien) sowie der US-Internetriese Amazon mit dem Lieferdienst „Fresh“ (noch nicht in Österreich) buhlen auch online um ihre Kunden. Den Handel vor Ort werden die neuen Zustelldienste aber nicht ersetzen, sind sich die Unternehmer einig. Es gäbe viele Menschen, die ein „echtes“ haptisches Einkaufserlebnis schätzen. Für Nischenprodukte stünden die (Liefer-)Chancen aber gut, meint Kollbauer. „Wenn es sie nicht ums Eck gibt, werden sie online bestellt.“
Ein Lieferservice kommt seit Anfang Oktober sogar abends im Tiroler Landestheater zum Einsatz. Wer weiß, was er zur Spielpause trinken und/oder essen will, der kann beim Gastro-Unternehmen „Mama bringt’s“, einer Marke von Recheis, online vorbestellen (bis 12 Uhr am Tag der Vorstellung, keine zusätzlichen Kosten, Bezahlung vor Ort). „Damit vermeiden wir Schlangen und Stau in der Pause und sichern den Besuchern die Verfügbarkeit“, erklärt Manager Michael Mosbacher.
Beim Essen wird nichts mehr der Zeit und dem Zufall überlassen. Gegessen wird zwar immer noch, was auf den Tisch kommt. Doch bestellt wird, was Hungrige im Internet entdecken.