Steinmeier fordert von Ankara Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze

Straßburg/Ankara (APA/AFP) - Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Türkei ermahnt, nach dem gescheiterten Putschv...

Straßburg/Ankara (APA/AFP) - Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Türkei ermahnt, nach dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli rechtsstaatliche Grundsätze einzuhalten. Der Putschversuch mit zahlreichen Toten „hat uns entsetzt und erschüttert“, sagte er am Donnerstag vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg.

Es sei legitim, dass Ankara „die Aufarbeitung des Putschversuchs intensiv betreibt“, auch mit politischen und strafrechtlichen Maßnahmen. Nach einem Ereignis, bei dem viele Menschen getötet und das Parlament bombardiert worden seien, „kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte Steinmeier weiter. Ankara müsse aber mit den demokratischen Mitteln eines Rechtsstaates reagieren, nicht mit autoritären Maßnahmen.

Seit dem Putschversuch geht die islamisch-konservative Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan mit großer Härte gegen vermeintliche Gegner vor. Zehntausende Soldaten, Polizisten, Ministeriumsbeamte, Richter sowie Lehrer und Dozenten wurden entlassen, 30.000 Menschen wurden wegen angeblicher Verbindungen zu den Anstiftern des Staatsstreichs inhaftiert.

Zum Konflikt in der Ostukraine sagte Steinmeier, Deutschland setze sich als amtierender Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) weiter für eine Umsetzung des Minsker Abkommens ein. „Dazu gibt es keine Alternative.“ Nach der Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Entmilitarisierung von drei Regionen entlang der Frontlinie Ende September gebe es nun Hoffnung auf eine Stabilisierung des Waffenstillstands.

Schwieriger sei jedoch die Umsetzung des in Minsk vereinbarten politischen Pakets, das unter anderem Wahlen vorsieht, sagte Steinmeier weiter. Dazu müsse ein Wahlgesetz vereinbart werden. „Wir versuchen, die Positionen anzunähern, bislang ist dies noch nicht gelungen.“

Kritik einiger Abgeordneten an der deutschen Haltung zu Russland wies Steinmeier zurück. Deutschland verurteile, wie seine Partner, die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Moskau und den „von Russland militärisch unterfütterten Konflikt in der Ostukraine“. Es reiche aber nicht, „jeden Tag sich wiederholende Statements abzugeben“, Politik bedeute auch Handeln.

Deutschland suche daher weiter nach politischen Lösungen - gemeinsam mit Frankreich, der Ukraine und Russland, sagte Steinmeier. Es gehe darum, eine Eskalation zu vermeiden, damit „in der Ostukraine kein Flächenbrand entsteht“.

In der Ostukraine kämpfen seit April 2014 prorussische Rebellen gegen ukrainische Regierungstruppen. Das im Februar 2015 in Minsk geschlossene Friedensabkommen sieht neben einem Waffenstillstand und dem Abzug schwerer Waffen von der Front auch Wahlen vor. Es ist aber bis heute nicht umgesetzt. In dem Konflikt wurden bereits mehr als 9.600 Menschen getötet.

Deutschland und Frankreich haben nun einen neuen Anlauf für eine politische Lösung unternommen. Dazu telefonierten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande am Mittwoch mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. Ziel ist ein Vierer-Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, das nach Angaben Frankreichs „sehr bald“ in Berlin stattfinden könnte. Am Donnerstag telefonierte Hollande deshalb auch mit Poroschenko.

Der Parlamentarier-Versammlung des Europarat gehören 318 nationale Abgeordnete aus den 47 Mitgliedsstaaten an. Sie treffen sich vier Mal jährlich zu Plenartagungen in Straßburg.