Erben pochen auf alte Verträge
Während die Gemeinde Haiming die Ansiedelung der Firma Handl auf Schiene bringt, hoffen Erben nach mehr als 70 Jahren in diesem Zuge zumindest auf eine Abgeltung.
Von Alexander Paschinger
Haiming –Der Haiminger Gemeinderat fährt mit Volldampf in Richtung Realisierung der geplanten Handl-Produktionsstätte. Am Donnerstagabend wurden zwei Stellungnahmen gegen die Änderungen des Raumordnungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes mit 16:1 abgewiesen. Und eine Beeinspruchung der Betriebsanlage durch das Dorfparlament blieb einstimmig aus.
Dabei wendeten sich die zwei Stellungnahmen nicht prinzipiell gegen das Projekt. Jene der Umweltanwaltschaft wurde allerdings schon durch die Auflagen im Naturschutzrechtlichen Verfahren obsolet. Und die andere hatte „rein rechtlich gar nichts mit Raumordnung oder Widmung zu tun“, so Bürgermeister Josef Leitner.
Es ist gewissermaßen ein Schatten der Vergangenheit, der auf dem Grundstück lastet, das die Tiwag der Firma Handl verkauft. Eine Geschichte, die weit zurückreicht in die Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges. Als nämlich die Gründe der damaligen Westtiroler Kraftwerk AG übertragen wurden. Ein Teil der Erben jener 50 Bauern von damals sind nämlich der Meinung, dass sie noch Rechte an den Gründen haben. Vor allem deshalb, weil das Kraftwerk „Untere Ötz“, ein Projekt der Nazizeit, niemals umgesetzt wurde.
Genau darauf pocht Toni Raffl im Namen von drei Erben. Der ehemalige Gemeindeamtsleiter und langjährige Vizebürgermeister von Haiming beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Materie. Laut den Verträgen von damals wären jene Gründe, die nicht für den Kraftwerksbau gebraucht würden, den Bauern (oder deren Erben) zum Rückkauf anzubieten. „Das ist aber nie geschehen“, so Raffl.
Die Tiwag wurde nach dem Krieg Rechtsnachfolger. Und auch wenn der Wasserrechtsbescheid in den 1960er-Jahren auslief, „hat die Tiwag nie von einem Projekt Abstand genommen“, so Raffl. Deshalb habe man als Erben auch nie etwas unternehmen können.
Nun allerdings würden mit dem Verkauf einer Fläche an die Firma Handl die Karten neu gemischt, ist Raffl überzeugt. Eigentlich hätte die Tiwag die Gründe laut den alten Verträgen nämlich erst den Erben anbieten müssen, die quasi ein Vorkaufsrecht hätten. Und zwar zu einem Preis von umgerechnet 2,5 bis 3 Euro pro Quadratmeter. Und er habe in Archiven neue Unterlagen entdeckt.
Für Bürgermeister Leitner ist das eine rein privatrechtliche Sache zwischen den Erben und der Tiwag. Außerdem gab es Prozesse, die die Erben schon verloren hätten: „Es ist rechtlich geprüft und die Suppe ist meiner Meinung nach mehr als dünn.“
Die Tiwag ist mittlerweile mit Raffl in Kontakt getreten. „Nach unseren Unterlagen ist die Sache zwar rechtlich geklärt, aber offenbar hat Herr Raffl neues Material gefunden“, erklärt Tiwag-Vorstandsvorsitzender Ernst Entstrasser. Dieses gelte es nun zu sichten und rechtlich zu beurteilen, ob sich daraus ein Anspruch ergibt. Noch im Oktober gebe es ein Gespräch mit Toni Raffl. Diesem und einer Prüfung könne man nicht weiter vorgreifen.