Deutsche Konzerne können für 23,5 Mrd Euro Atom-Altlasten loswerden
Berlin/Düsseldorf/Essen (APA/Reuters) - Deutsche Atomkonzerne können sich für rund 23,5 Milliarden Euro von der Verantwortung für Zwischen- ...
Berlin/Düsseldorf/Essen (APA/Reuters) - Deutsche Atomkonzerne können sich für rund 23,5 Milliarden Euro von der Verantwortung für Zwischen- und Endlagerung des Atommülls freikaufen. Diese Summe muss dann zum 1. Jänner 2017 in bar an einen öffentlich-rechtlichen Fonds unter Kontrolle des Staates überwiesen werden, geht aus dem Gesetzentwurf der deutschen Regierung hervor, der der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorlag.
Diese Summe ist geringer als die rund 26 Milliarden Euro, die zuletzt in Rede standen. Der Gesetzentwurf soll am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Die vier Versorger E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW bleiben für Abriss und Stilllegung der AKW im Zuge des Atomausstiegs bis 2022 verantwortlich. Die Zwischen- und Endlagerung des Mülls wechselt dann gegen Zahlung der Summe in staatliche Verantwortung.
Die Aktien von E.ON und RWE legten nach der Bekanntgabe der Informationen zum Entwurf kräftig zu und lagen zeitweise über vier Prozent im Plus. Sie schoben auch den gesamten Dax an.
Basis für das „Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung der kerntechnischen Entsorgung“ sind die Beschlüsse der Atomkommission mit Vertretern vieler gesellschaftlichen Gruppen und Parteien aus dem April. Umstritten in der Regierung war aber zuletzt noch die genaue Schnittstelle für den Übergang der Verantwortung - also zwischen Verpackung des strahlenden Mülls und der Zwischenlagerung. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, dass die Summe für Zwischen- und Endlagerung nun geringer als zunächst ausfällt. Übernehmen die Konzerne bei Verpackung mehr Aufgaben, müssen sie diese selbst bezahlen. Im Gegenzug reduziert sich der Betrag für Zwischen- und Endlagerung, der in den staatlichen Fonds fließen soll.
Fällig ist dem Entwurf zufolge zum Jänner 2017 zunächst ein Grundbetrag von knapp 17,4 Milliarden Euro. Sollte der Risikoaufschlag von 6,17 Milliarden Euro nicht gleich mit überwiesen werden, kann dieser auch bis Ende 2022 noch fließen. Dann muss er aber mit 4,58 Prozent pro Jahr verzinst werden. Möglich ist demnach auch die Gesamtsumme in Raten bis Ende 2026 abzuzahlen. Sie muss dann aber ebenfalls mit 4,58 Prozent verzinst werden.
E.ON hatte den eigenen Kostenanteil auf rund zehn Milliarden Euro geschätzt, davon acht Milliarden aus Rückstellungen und zwei Milliarden für den von der Atomkommission verlangten Risikoaufschlag. Der Konzern erwägt für den Aufschlag eine Kapitalerhöhung. RWE ging bisher von fünf Milliarden Euro Rückstellungen und 1,7 Milliarden Risikoprämie aus. Ein Teil davon soll aus dem Börsengang der Ökostromtochter Innogy stammen. Für die Konzerne ist die Regelung von großem Interesse, da sie wegen der Energiewende und niedriger Strompreise ohnehin angeschlagen sind und sich so milliardenschwerer Risiken entledigen können.
Der Staatsfonds, in den das Geld fließen soll, wird in Form einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts geführt. Kontrolliert wird er von einem Kuratorium, das auch je einem Vertreter von Wirtschafts-, Finanz- und Umweltministerium besetzt werden soll. Der Fonds soll das Geld sicher anlegen, damit er auf Jahrzehnte hinaus die Zwischen- und Endlagerkosten finanzieren kann. Eine Satzung wird die Anlagekriterien festlegen, der deutsche Staat hat aber ein Vetorecht. „Die Bundesregierung kann konkrete Anlagevorhaben durch Weisung untersagen“, heißt es im Entwurf.
~ ISIN DE000ENAG999 DE0007037129 DE0005220008 WEB http://www.eon.com/
http://www.enbw.com ~ APA284 2016-10-14/13:01