Experten: Energiewende braucht Verbindung von Strom, Wärme, Verkehr
Wien (APA) - Für die Energiewende ist eine Verschränkung von Energieerzeugung, Wärme und Verkehr nötig, wobei dem Ausbau der Stromerzeugung ...
Wien (APA) - Für die Energiewende ist eine Verschränkung von Energieerzeugung, Wärme und Verkehr nötig, wobei dem Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energieträgern eine zentrale Rolle zukommt, so das Fazit von Experten bei einer Veranstaltung der IG Windkraft am Freitag. Für die Erreichung der Klimaziele seien größere Anstrengungen nötig.
Die IG-Windkraft-Vertreter bekräftigten am Freitag die Forderung nach einer raschen Ökostromnovelle.
Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, müsste die Energieversorgung entweder CO2-frei werden oder das CO2 endgelagert werden. In Deutschland sei eine Endlagerung politisch wahrscheinlich, aber nicht durchsetzbar, so Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energie an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. In Europa sei derzeit kein Land auf der Ziellinie für das Klimaschutzabkommen, Deutschland und Österreich lägen im Mittelfeld.
Ein vollständig erneuerbares und effizientes Energiesystem in allen Sektoren würde den Stromverbrauch in Deutschland mindestens verdoppeln. Ohne Effizienzmaßnahmen sei aber eine Energiewende mit erneuerbaren Energien bis 2040 nicht machbar. Im Wärmebereich seien dies etwa Dämmungen und der Einsatz anderer Energieträger wie etwa Wärmepumpen oder Solarenergie. Im Verkehr könnten Biotreibstoffe wohl nur für 10 Prozent der Flotte eingesetzt werden, die Lösung liege daher in der E-Mobilität. So könnten beispielsweise für die Elektrifizierung des Güterverkehrs die rechten Fahrspuren auf Autobahnen mit Oberleitungen ausgestattet werden. Als weitere Maßnahme nannte er, ab 2025 keine Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr zuzulassen.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse daher vorangetrieben werden, in Deutschland hauptsächlich mit Wind- und Solarenergie. Derzeit stammten 30 Prozent des Strombedarfs aus Erneuerbaren, bezogen auf den gesamten Energieverbrauch seien es rund 13 Prozent. So sollte der Windkraftausbau an Land von aktuell rund 3.500 Megawatt auf rund 6.900 MW in etwa verdoppelt und auch Offshore müsste deutlich mehr ausgebaut werden. Die Stromerzeugung aus Braunkohle werde wohl noch bis 2030/40 dauern, wenngleich der Ausstieg für den Klimaschutz schneller passieren müsste. Gaskraftwerke würden wohl noch in der Übergangszeit gebraucht werden.
In Österreich würde bei einem völligen Dekarbonisierungs-Szenario der Strombedarf deutlich weniger stark steigen als in Deutschland, so Umweltbundesamt-Experte Jürgen Schneider. Die größte Chance für die Dekarbonisierung sieht er in der Elektrizität, der Anteil von derzeit rund einem Fünftel am gesamten Energieverbrauch müsse steigen, ebenso wie die Energieeffizienz. Enorme Effizienzsteigerungsmöglichkeiten gebe es bei Gebäuden und Mobilität. Allein eine Dekarbonisierung der voest bringe einen zusätzlichen Strombedarf von 33 Terawattstunden (TWh), das ist fast die Hälfte des aktuellen Stromverbrauchs in Österreich von rund 70 TWh. Bei den Erneuerbaren sei Österreich in einer deutlich komfortableren Situation als Deutschland mit einem Anteil an der Stromerzeugung (inklusive Großwasserkraft) von mehr als 70 Prozent. Für die Erreichung der Klimaziele müsse man auch hierzulande mehr tun.
IG-Windkraft-Geschäftsführer Stefan Moidl betonte, dass jetzt Entscheidungen nötig seien. Eine kleine Reform des Ökostromgesetzes, mit der der drohende Rückstau beim Windkraftausbau vermieden werden könnte, sollte noch vor Jahresende beschlossen werden. Dafür müsste sie bis zum 30. November in den Wirtschaftsausschuss eingebracht werden, die nächste Sitzung finde erst im März kommenden Jahres statt. „Katastrophal“ wäre keine Entscheidung vor der nächsten Wahl.
Der Umweltdachverband fordert in seinen bei der gestrigen Vollversammlung beschlossenen Positionspapieren, dass die Energiewende naturverträglich gestaltet werden müsse und Naturschutz, Umweltverträglichkeit, Landschaftsschonung, Standortgerechtigkeit und eine nachhaltige Raumnutzung berücksichtigt werden müssten, so Präsident Franz Maier laut heutiger Pressemitteilung. Kleinwasserkraftwerke etwa, die Naturjuwele gefährdeten, konterkarierten die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). In Hinblick auf die „überfällige“ Ökostromgesetznovelle erklärte er, dass „eine undifferenzierte Förderung des Wasserkraftausbaus an den Anforderungen an eine naturverträgliche Energiewende völlig“ vorbeigehe.