Fall Peggy - DNA-Spur Böhnhardts am Leichenfundort alarmiert Behörden

Hamburg/München (APA/AFP) - Der Fund von DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Extremisten Uwe Böhnhardt nahe der Leiche der vor 15 Jahren in Baye...

Hamburg/München (APA/AFP) - Der Fund von DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Extremisten Uwe Böhnhardt nahe der Leiche der vor 15 Jahren in Bayern verschwundenen Peggy hat Behörden und Politiker alarmiert. „Zu den vielen großen Fragezeichen kommen nun weitere hinzu, das muss alles aufgeklärt werden“, sagte die Ombudsfrau der NSU-Opfer, Barbara John, der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom Samstag laut Vorabmeldung.

Böhnhardts DNA war an einem Stoffstück nachgewiesen worden. Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) bezeichnete den neu aufgekommenen Verdacht einer Verbindung am Freitag als „unfassbar“. Zugleich mahnte er zur Vorsicht. Die Ermittlungen dazu seien noch „in einem sehr frühen Stadium“, sagte er in Wiesbaden.

Ähnlich äußerte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Zunächst müsse noch einmal geprüft und ausgeschlossen werden, dass es bei der Bearbeitung der Spuren „an irgendeiner Stelle zu einer Kontamination“ gekommen sei, sagte er im Fernsehsender n-tv.

Die Fundstücke von Peggys Fundort waren Herrmann zufolge zunächst bei der Thüringer Polizei überprüft worden. Diese war seinerzeit auch mit dem Leichnam Böhnhardts befasst.

Die mit dem Mordfall Peggy befasste Staatsanwaltschaft und Polizei in Bayreuth hatten am Donnerstagabend mitgeteilt, dass Böhnhardts DNA auf einem der „zahlreichen Spurenträger“ nachgewiesen worden sei, die im Rahmen der Ermittlungen im Umfeld der im Juli diesen Jahres in Nordthüringen entdeckte Leiche Peggys gesichert worden waren. Wo diese Spur entstand und wie sie dort hinkam, sei bisher unklar. Die Ermittlungen stünden „ganz am Anfang“.

Peggy war 2001 verschwunden, der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt. Die rechtsextreme Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) um Böhnhardt sowie die beiden mutmaßlichen weiteren Mitglieder Uwe Mundlos und Beate Zschäpe wird für eine Mordserie verantwortlich gemacht, bei der bundesweit neun Migranten und eine Polizistin starben.

Böhnhardt und Mundlos erschossen sich 2011 im thüringischen Eisenach, als ihnen die Polizei auf der Spur war. Nur Zschäpe wurde gefasst. Sie steht derzeit in München vor Gericht.

Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses des thüringischen Landtags zeigten sich nach eigenen Angaben wenig überrascht von möglichen Verbindungen zwischen dem NSU und dem Fall Peggy oder Kindesmissbrauch im Allgemeinen. Es gebe Informationen, dass nahe dem Fundort von Peggys Leiche eine Waldhütte existiere, in der sich ein Mann aus dem NSU-Umfeld aufgehalten habe, sagte die Vorsitzende Dorothea Marx (SPD) im Südwestrundfunk.

Sie erinnerte auch daran, dass schon Menschen aus dem näheren NSU-Umfeld wie der Neonazi Tino Brandt wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen verurteilt wurden und dass im Wohnmobil, im dem sich Böhnhardt und Mundlos selbst töteten, Kindersachen lagen. Eine Verbindung käme für sie „nicht aus heiterem Himmel“, sagte Marx.

Auch die Obfrau der Linken in dem Untersuchungsausschuss, Katharina König, verwies am Freitag auf personelle Überschneidungen zwischen der thüringischen Naziszene und Fällen von Kindesmissbrauch und -tötung. Dies gelte bekanntermaßen sogar für Böhnhardt selbst.

Dieser sei früher gemeinsam mit dem angeblichen Besitzer der Hütte im Umfeld von Peggys Fundort bei den Ermittlungen zu einem 1993 in Jena ermordeten Buben ins Visier geraten, erklärte sie in Erfurt. Jetzt müssten alle ungeklärten Todesfälle von Kindern und Menschen mit Migrationshintergrund daraufhin geprüft werden, ob NSU-Mitglieder oder Unterstützer damit etwas zu tun hätten. Auch alte Beweismittel müssten erneut geprüft werden.