Kerns „Ja, aber“ zu CETA sorgt für Aufregung in der SPÖ
In großen Teilen der Partei herrscht weiterhin Skepsis oder gar offene Ablehnung gegenüber dem Freihandelsabkommen mit Kanada. Der Kanzler verteidigte seine Entscheidung, die Unterzeichnung vorerst nicht zu blockieren.
Wien - Die von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) vorgegebene „Ja, aber“-Linie zum Freihandelsabkommen CETA wird von einigen Parteifunktionären abgelehnt oder mit Skepsis aufgenommen. SJ-Vorsitzende Julia Herr bekräftigte auf Twitter ihre ablehnende Haltung, der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl sprach sich gegen die Zustimmung zu CETA aus und der burgenländische LH Hans Niessl zeigt sich weiter skeptisch.
„Wer hat Ja zu CETA entschieden? Das Präsidium, das laut Statut keine Entscheidungen treffen kann?“, erinnert Julia Herr auf Facebook an die Mitgliederumfrage, bei der sich die große Mehrheit gegen das EU-Kanada-Handelsabkommen ausgesprochen hatte.
Das Präsidium hat auch keine Entscheidung getroffen, erklärte Kommunikationschef Hannes Uhl. Das Parteipräsidium sei kein Entscheidungsgremium, also sei nicht abgestimmt worden - sondern der Parteichef habe die Meinung der Präsidiumsmitglieder eingeholt.
Niessl ortet noch Klärungsbedarf
Die SPÖ Salzburg schreibt dennoch - in einer Antwort auf einen Kommentar - auf Facebook, dass Landesparteichef Steidl gegen CETA gestimmt habe, „damit insgesamt aber leider in der Minderheit“ gewesen sei. Burgenlands LH Niessl zeigt sich in der Tageszeitung Österreich „weiter skeptisch“. Neben den Schiedsgerichten sei noch anderes zu klären, wie etwa die Gentechnikfreiheit, gewisse Sozial-und Umweltstandards seien nicht ausreichend geregelt.
Ohne diese Punkte werde ein Zustimmung im Parlament schwierig - „und das sieht das Präsidium ähnlich“, meint Niessl. Kern hatte nach dem Präsidium auch erklärt, dass Österreich den Ratifizierungsprozess nicht behindern werde, aber „weitere Klärungen“ verlangt.
Enttäuschter ÖGB-Präsident: „Nicht zustimmungsreif“
Die Gewerkschaft ist gegen das Freihandelsabkommen. CETA sei „nicht zustimmungsreif“, sagte ÖGB-Präsident Erich Foglar vor und nach dem Präsidium. Die FSG Salzburg zeigte sich am Samstag in einer Aussendung „enttäuscht“ über die gestrige Ja-Aber-Entscheidung - und kündigte an, CETA weiter zu bekämpfen und alles daran zu setzen, „dass die immer noch vorhandenen Giftzähne gezogen werden“.
Kern selbst verteidigte seine Entscheidung am Freitagabend in der „ZiB2“. Mit der rechtsverbindlichen Zusatzerklärung sei gegenüber dem, was im Juni vorlag, eine signifikante Veränderung erreicht worden. Viereinhalb von fünf Fragen habe man „in guter Form abgearbeitet“. Die von der SPÖ verlangten „weiteren Klärungen im Zuge des Ratifizierungsprozesses“ seien „natürlich“ mit dem Koalitionspartner abgesprochen.
Greenpeace: Gefahr nicht gebannt
Nach der Bekanntgabe durch den Kanzler, den CETA-Ratifizierungsprozess nicht behindern zu wollen, kam am Freitag einerseits Lob von ÖVP, NEOS und Wirtschaftsverbänden sowie heftige Kritik von FPÖ, Grünen und NGOs.
Greenpeace fordert trotz der angekündigten Zustimmung der SPÖ die österreichische Bundesregierung auf, CETA nächste Woche keinesfalls zuzustimmen. „Das Abkommen in der vorliegenden Form gefährdet immer noch Umweltstandards und die Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge“, schrieb etwa Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit. Greenpeace werde den Kampf gegen CETA auf allen Ebenen weiterführen. (TT.com, APA)