Senatswahl in Tschechien: Überraschungserfolg für Christdemokraten
Die Gruppierung von Vizepremier Pavel Belobradek hat neun Senatoren-Sitze gewonnen, und ist damit klarer Sieger des Urnengangs.
Prag – Die tschechische Regierungskoalition des sozialdemokratischen (CSSD) Premiers Bohuslav Sobotka hat ihre Mehrheit im Senat erwartungsgemäß verteidigt. Dies hat die zweitägige Stichwahl der Teil-Senatswahl ergeben, die am Samstagnachmittag beendet wurde. Überraschend kam das gute Abschneiden der kleinen christdemokratischen Volkspartei (KDU-CSL).
Die Gruppierung von Vizepremier Pavel Belobradek hat neun Senatoren-Sitze gewonnen, und ist damit klarer Sieger des Urnengangs. Die CSSD von Sobotka kam auf zwei, die populistische Regierungspartei ANO von Finanzminister und Milliardär Andrej Babis auf drei Sitze. Gewählt wurde in einem Drittel (27 von 81) der Wahlkreise.
CSSD behält Mehrheit im Senat
„Es hat sich gezeigt, dass die Marke KDU-CSL nicht nur eine vorübergehende Störung in der Parteienlandschaft ist“, kommentierte Belobradek den Wahlausgang. Bei den Sozialdemokraten hat auch Industrie- und Handelsminister Jan Mladek seinen Sitz verloren, einen eventuellen Rücktritt schloss Sobotka jedoch umgehend aus: „Wir stehen vor einer sehr offenen Diskussion darüber, wie wir unsere Arbeit für die Bürger verbessern können“, erklärte der Premier lediglich.
Ein kleiner Trost für die CSSD ist freilich, dass sie mit insgesamt 25 Senatoren weiterhin die stärkste Fraktion in der zweiten Parlamentskammer bleibt. Auch der bisherige Senatspräsident Milan Stech (CSSD) dürfte sein Amt behalten. Die Protestbewegung ANO von Finanzminister Babis kommt nun insgesamt auf sieben Senatoren. „Der Kampf um den Senat ist richtig schwer“, zeigte sich der Milliardär nach dem Urnengang ernüchtert.
Auch die liberal-konservativen oppositionellen Parteien – Demokratische Bürgerpartei (ODS) und TOP 09 – waren nicht erfolgreich. Beide haben nur je zwei Mandate gewonnen. Die restlichen Senatoren-Sitze gingen an unabhängige Kandidaten und Vertreter von regionalen Gruppierungen.
Unpopuläre Institution bei Tschechen
Der Senat in Tschechien hat im Vergleich zum Abgeordnetenhaus eine schwächere Position. Er kann die im Unterhaus gebilligten Gesetzvorlagen erörtern, allerdings bei einem Veto vom Unterhaus überstimmt werden. Demgegenüber hat der Senat die Kompetenz, die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes aufgrund des Vorschlages des Staatspräsidenten zu billigen.
Der Senat ist bei den Tschechen eine unpopuläre Institution. Viele halten ihn für überflüssig, was traditionell in eine sehr niedrige Wahlbeteiligung resultiert. Die Wahlbeteiligung bei der jetzigen Stichwahl lag bei nur 15 Prozent.
Dennoch ist das Ergebnis des Urnengangs vor allem vor dem Hintergrund der Parlamentswahlen im kommenden Jahr einen weitere Warnung für Sobotkas CSSD. Die einstige Großpartei hat bereits drei Urnengänge in Folge verloren, was Sobotka bisher jedoch nicht von einer erneuten Kandidatur für das Amt des Premierministers abbringen konnte.
Ein Ansporn dürfte das Ergebnis hingegen für die Christdemokraten sein, die zuletzt mehrmals um einen Einzug ins Parlament bangen mussten. Bereits einmal scheiterten sie an der dafür nötigen Fünf-Prozent-Hürde. Erst unter der Führung des jetzigen Parteichefs Pavel Belobradek gelang es der KDU-CSL, nach vier Jahren ins Unterhaus zurückzukehren. Der Erfolg in den Senatswahlen ist zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass in den Senat - im Unterschied zum Abgeordnetenhaus - nach dem Mehrheitsprinzip gewählt wird.
Das Mehrheitsprinzip war es offenbar auch, warum die ANO-Bewegung von Andrej Babis nicht so erfolgreich war wie vor einer Woche bei den Regionalwahlen (hier wird nach dem Verhältnisprinzip gewählt). Trotzdem gilt ANO als Favorit für die Parlamentswahlen 2017. (APA/dpa)