Bis ans Ende der Welt und bei Bedarf noch weiter
Honda hat seine Touring-Legende, die Africa Twin, neu aufgelegt und mixt aktuellste Technik mit alten Qualitäten.
Von Lukas Letzner
Maurach – Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis sich Honda dazu entschlossen hat, seine Legende, die Africa Twin, neu aufzulegen. Immerhin rollte die alte ganze 13 Jahre lang über unsere Straßen und auch abseits davon. Zahlreiche Paris-Dakar-Siege prägten das Bild von einem nahezu unzerstörbaren Begleiter auf Reisen. Es ist also kein leichtes Erbe, das die neue Twin heuer antreten musste, doch jetzt ist sie endlich da! Als wir sie vor zirka zwei Monaten in Empfang nehmen durften, hat sie uns zumindest optisch auf Anhieb überzeugt. Nach wie vor trägt sie die Kriegsbemalung des einstigen Dakar-Renners und darf lässig ihre goldenen Speichenräder in die Sonne halten, aber auch die Proportionen ähneln stark den im Jahr 2000 eingestellten Ur-Modellen.
Ein Blick auf die Fahrzeugdaten verrät aber: Die neue Twin hat mit ihrer Vorgängerin nicht mehr viel gemeinsam. Der mit seinen 50 PS doch recht schlappe V-Motor musste einem leichteren und doch deutlich agileren Reihen-Zweizylinder weichen, vordere und hintere Federelemente sind komplett einstellbar und der Motor wurde gleich an sechs Stellen mit dem robusten Stahlrahmen verschraubt. Auch wenn sie mit ihren 95 PS und einem Kampfgewicht von 228 Kilogramm leistungstechnisch nach wie vor nicht mit Superlativen glänzt, technisch zieht sie mit ABS, Traktionskontrolle, elektronischen Fahrmodi und Honda-DCT-Doppelkupplungsgetriebe alle Register. Doch wie fährt sich die Africa Twin?
Sie passt wie ein Maßanzug: breiter Lenker, angenehme Sitzposition, guter Knieschluss am 18,8-Liter-Tank, der für 400 Kilometer reichen soll (die 4,5 Liter der Werksangabe haben wir allerdings um gut einen Liter überschritten). Der Antrieb überzeugt ebenso.
Die 95 PS und die 98 Newtonmeter, die der Reihenzweizylinder liefert, schieben die vorab kritisierten 242 Kilogramm Nassgewicht (inklusive ABS und DTC) ohne Mucken und begleitet von einem dunklen Grollen aus dem Schalldämpfer voran. Selbst mit Sozius – oder ersatzweiser Vollausrüstung zur Weltumrundung – ist die Africa Twin auf dem Asphalt bärenstark und ohne Probleme zu dirigieren, entfaltet ihre Leistung äußerst stetig und gleichmäßig und überfordert seinen Fahrer in keiner Lebenslage. Auffällig ist, wie ruhig und sanft sich das Gas dosieren lässt. Das verdankt die Twin der Tatsache, dass die Drosselklappen nach wie vor über einen konventionellen Gaszug geöffnet werden. Wer dem Zug am Gasgriff nicht abgeneigt ist, der stellt fest, dass sich der Top-Speed der Africa Twin bei 210 km/h bewegt.
Skeptisch waren wir, was das DTC-System der Honda angeht. Eine Africa Twin mit Doppelkupplung? Und tatsächlich: Langsames Anfahren, Schlängeln durch Staus und die automatischen Gangwechsel sind etwas, an das man sich bei einem Motorrad erst gewöhnen muss. Hat man das aber erst einmal hinter sich gebracht, dann gefällt das System durchaus. Bei gemäßigtem Tempo funktioniert die Automatik wunderbar lässig, und wer dann doch am Gasgriff zieht, der nimmt sein Schicksal mittels Daumen und Zeigefinger selbst in die Hand.
Ebenso sanft arbeitet das Fahrwerk der Twin. Die langen Federwege machen jedem Schlagloch den Garaus, und auch wenn die Africa Twin bei höheren Geschwindigkeiten mit Nachdruck in die Kehre geworfen werden will, zieht sie dank der schmalen Bereifung einen sauberen Strich durch Kurven aller Radien.
Auf der Höhe der Zeit liegt die Africa Twin auch, was den Preis angeht: 16.190 Euro sind für die DCT-Variante fällig. Die Basis beginnt bei 13.990 Euro.