Piloten-Streik legt Hunderte Flüge lahm - Lufthansa will Schlichtung
Frankfurt/Wien/Düsseldorf (APA/dpa) - Angesichts hunderter Flugausfälle mit etwa 100.000 betroffenen Passagieren durch einen neuen Pilotenst...
Frankfurt/Wien/Düsseldorf (APA/dpa) - Angesichts hunderter Flugausfälle mit etwa 100.000 betroffenen Passagieren durch einen neuen Pilotenstreik drängt die Lufthansa die Gewerkschaft VC zu einer Vermittlung. „Wir sagen: Wir müssen die Schlichtung haben“, sagte Lufthansa-Sprecher Martin Leutke im ZDF-“Morgenmagazin“. Er warf der VC vor, sie sei „mehr an einer Eskalation interessiert als an einer zielorientierten Lösung des Konflikts“.
Zugleich betonte das Unternehmen seine Bereitschaft zu neuen Tarifverhandlungen. Doch der Tarifstreit scheint derzeit festgefahren: Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) drohte mit einer Fortsetzung des Arbeitskampfs.
Die VC-Piloten legten die Fluglinie seit der Nacht zum Mittwoch mit ihrem mittlerweile 14. Streik großenteils lahm. Allein am Mittwoch sagte Deutschlands größte Airline fast 900 Flüge ab, davon etwa 50 Interkontinentalverbindungen. An diesem Donnerstag soll der Streik weitergehen. Nicht betroffen sind Flüge der Lufthansa-Billigtöchter Eurowings und Germanwings sowie der Konzerngesellschaften AUA, Swiss, Brussels Airlines und Air Dolomiti. Am Mittwochmittag wollte die Lufthansa einen Sonderflugplan für Donnerstag veröffentlichen.
Am Flughafen Wien fallen am Mittwoch elf Rotationen, also elf Ankünfte und elf Abflüge, in Summe 22 Flüge, aus. Betroffen sind sieben Verbindungen nach Frankfurt und vier nach München. Die AUA reagiert auf den Streik bei ihrer Mutter mit dem Einsatz größerer Flugzeuge auf den Strecken von Wien nach Frankfurt und München. AUA und Flughafen Wien empfehlen Fluggästen, sich auf der Homepage der Lufthansa bzw. der Online-Anzeige von Ankünften und Abflügen in Schwechat am Laufenden zu halten.
Die Gewerkschaft verteidigte den neuen Streik. „Wir sind abgekoppelt worden von der Lohnentwicklung in Deutschland in den letzten fünf Jahren und da möchten wir nicht länger zuschauen“, sagte VC-Sprecher Jörg Handwerg im „Morgenmagazin“. Solange „kein verhandlungsfähiges Angebot“ von der Lufthansa komme, könne es immer wieder zu neuen Ausständen kommen.
Eine Schlichtung hatte die VC bereits am vergangenen Mittwoch abgelehnt. Lufthansa kritisierte: „Wenn sich die Gewerkschaft dieser Suche nach einer Lösung verschließt, verursacht sie jetzt einen vermeidbaren Schaden für alle betroffenen Kunden und für die 115.000 Kolleginnen und Kollegen der Lufthansa Group.“ Im Sommer hatte sich die Lufthansa mit der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo unter Vermittlung des SPD-Politikers Matthias Platzeck erfolgreich für das Kabinenpersonal geeinigt.
Den Piloten hatte die Airline zuletzt ein Lohnplus von 2,5 Prozent bis Ende 2018 angeboten. „Das ist aus unserer Sicht kein seriöses Angebot“, sagte Handwerg. Die VC verlangt Tariferhöhungen von zusammen 22 Prozent über einen Zeitraum von fünf Jahren bis April 2017. Die Gewerkschaft verweist darauf, dass es sei fünf Jahren keine Gehaltserhöhungen gegeben habe, während das Unternehmen Milliardengewinne eingefahren habe.
Der Anlass des aktuellen Streiks sind die Forderungen zum Gehalt der rund 5.400 betroffenen Piloten von Lufthansa, Lufthansa Cargo und der Tochtergesellschaft Germanwings.
Den Lufthansa-Vorschlag, in eine Schlichtung einzusteigen, hatte die VC vergangene Woche abgelehnt. Einen Antrag des Konzerns, den Ausstand per einstweiliger Verfügung zu verbieten, lehnte das Landesarbeitsgericht Hessen am Dienstagabend ab. Zuvor hatte bereits das Arbeitsgericht Frankfurt dem Unternehmen eine Absage erteilt. „Wir dürfen Tarifpolitik unsererseits nicht einer Bewertung unterziehen. An Tarifpolitik dürfen wir als staatliches Gericht nicht heran“, erklärte der Vorsitzende Richter Martin Becker.
Die vorerst letzte Streikrunde im seit April 2014 laufenden Tarifkonflikt war im September 2015 abgebrochen worden, nachdem das Landesarbeitsgericht Hessen einzelne Streikziele als rechtswidrig eingeschätzt hatte. Seitdem hat die VC ihre Verhandlungstaktik geändert und sich auf offene Tarifthemen konzentriert.
Der deutsche Flughafenverband ADV befürchtet Schäden in Millionenhöhe durch den Streik. Die Airports seien inzwischen immer häufiger Schauplatz von Tarifauseinandersetzungen, sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch). „Diese Entwicklung ist nicht akzeptabel und geht weit über das vertretbare Maß hinaus.“
~ ISIN DE0008232125 WEB http://www.lufthansa.com/
https://www.eurowings.org/ ~ APA168 2016-11-23/11:08