Nicht verdursten beim Tischtennis: Julius-Koller-Schau im mumok

Wien (APA) - Sport macht durstig. Im Wiener mumok ließe sich aktuell das Verlangen nach Wasser ebenso stillen wie jenes nach Kunst. Mit der ...

Wien (APA) - Sport macht durstig. Im Wiener mumok ließe sich aktuell das Verlangen nach Wasser ebenso stillen wie jenes nach Kunst. Mit der Ausstellung „One Man Anti Show“ ist dem slowakischen Künstler Julius Koller eine umfassende Annäherung gewidmet, die von den Besuchern durchaus (körperlichen) Einsatz erfordert. Gleichzeitig begegnet man in „Konstruktion_Reflexion“ Werken aus der Sammlung Bogner.

Ist bei Julius Koller von umfassend die Rede, so ist das keine Übertreibung: Auf drei Ebenen sind hunderte Arbeiten und Auszüge aus dem Archiv des 2007 verstorbenen Künstlers versammelt. Für mumok-Direktorin Karola Kraus ist Koller „einer der bedeutendsten Vertreter der Nachkriegs-Avantgarde“, betonte sie am Donnerstag bei der Presseführung. Seine „regime- und institutionskritischen Ansätze, seine Abkehr von Formalismus und Akademismus“ wurden von den drei Kuratoren Daniel Grun, Kathrin Rhomberg und Georg Schöllhammer sowie dank eines mehr als gelungenen Ausstellungssettings durch Architekt Hermann Czech eingefangen.

Den Beginn macht eine Wiederbelebung des „J.K. Ping-Pong Clubs“, den Koller 1970 als Statement zur politischen Situation in der damaligen Tschechoslowakei einrichtete. Sportliche Auseinandersetzung nach dem Fair-Play-Gedanken als Sinnbild und Empfehlung für demokratische Prozesse, könnte man sagen. Während einzelne Tische die Besucher tatsächlich dazu einladen, Schläger und Ball in die Hand zu nehmen (empfohlene Spielzeit: fünf bis zehn Minuten), sind andere schon alleine dadurch korrumpiert, dass eine Wand durch sie hindurch geht. Verschiedene aufgehängte Bilder, T-Shirts und „J.K.“-Wimpel lassen zudem an das Zurschaustellen von Erfolgen eines Vereins denken.

Tischtennisschlägern und -bällen begegnet man auch in weiterer Folge, wenn etwa das persönliche Archiv Kollers in Auszügen vorgestellt wird (in Zusammenarbeit mit dem Wiener Johannes Porsch) und man zwischen Stapeln von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern hindurchwandert. Es wird nur zu deutlich, dass man hier Zugang zur innersten Gedankenwelt des Künstlers erhält: Wo seine Selbstchronologie von 1963 bis 2007 unterschiedliche Entwicklungen und Querbezüge verdeutlicht, ist die Fülle an Objekten und Materialien in diesem finalen Raum durch die Präsentation wie ein Eindringen in die Gehirnwindungen Kollers. Noch ein Schritt, ein Blick zur Seite, und die Charakteristik wandelt sich schon wieder. Nur sollte man aufpassen, nach einer allfälligen sportlichen Betätigung nicht zu Kollers Wasserglas zu greifen, das er hier auf einem Sockel positioniert hat.

Der lustvollen Art seiner Arbeiten - darunter wiederkehrende Symbole wie das Fragezeichen oder das Wort „Obraz“ (Bild) auf verschiedenste Flächen geschrieben - trägt das mumok auch insofern Rechnung, als man am 1. Dezember zum Tischtennisturnier in die Ausstellung lädt. Das „Grand Opening“ des „J.K. Ping-Pong Clubs“ wird dabei von Komiker und Autor Dirk Stermann moderiert. Am 25. März wird es zudem ein Symposium zu Koller geben („U.F.O. Universelle Fragen Olympiade“).

Einen Bezug zu Koller, wenngleich etwas weit hergeholt, gibt es auch in der zweiten neuen Ausstellung des Hauses: In „Konstruktion_Reflexion“ werden Werke aus der Sammlung von Gertraud und Dieter Bogner vom Ehepaar selbst präsentiert, die diese dem mumok 2007 als Schenkung übergaben. Dem Auszug aus den mehr als 100 Bildern, Skulpturen und Objekten sowie 300 Zeichnungen und Druckgrafiken ist ein Wasserglas von Frantisek Lesak vorangestellt: In einer einfachen Holzvitrine aufgestellt, ist das Glas mit „halbvoll/halbleer“ betitelt. In weiterer Folge eröffnet sich ein vielfältiger und abwechslungsreicher Kosmos zeitgenössischen Kunstgeschehens.

So subjektiv wie die Bezeichnung des Wasserglases anmutet, so sollten sich auch die Besucher den Werken nähern, erläuterte Dieter Bogner. „Es liegt an ihnen, sich eine individuelle Perspektive zu suchen, die der jeweiligen Person adäquat ist.“ Folglich seien die Arbeiten von Künstlern wie Hartmut Böhm (eine zweifach geknickte Stahlleiste bildet hier die „Lineare Progression gegen Unendlich mit 30 Grad“) oder Heimo Zobernig („O.T.“ besteht aus 15 Bildtafeln mit einer Holzbox, vier davon gehängt) weg vom Chronologischen, hin zu einer horizontalen Ebene gedacht.

Die meist mit Farbe, Form und Struktur jonglierenden Werke sind auch mittels zweier Erzählungen zu lesen: Der theoretischen von Dieter Bogner und der persönlichen seiner Frau Gertraud. „Das ist unser Spiel miteinander“, bekannte der Kunsthistoriker, der aktuell interimistisch als kaufmännischer Geschäftsführer des Belvedere fungiert. „Es ist keine Sammlung konkreter, konstruktiver oder konzeptueller Kunst. Es ist Konstruktion und Reflexion gleichermaßen, aber wir haben keinen Begriff. Man soll sich selbst Gedanken dazu machen.“ Beide Ausstellung sind von morgen, Freitag, an bis zum 17. April zu sehen.

(S E R V I C E - Ausstellungen „Julius Koller. One Man Anti Show“ (auf den Ebenen 4, 3 und 2) und „Konstruktion_Reflexion. Werke aus der Sammlung Gertraud und Dieter Bogner“ (auf der Ebene 0) von 25. November bis 17. April im mumok, Museumsplatz 1, 1070 Wien. Öffnungszeiten: Mo 14-19 Uhr, Di-So 10-19 Uhr sowie Do bis 21 Uhr; zur beiden Ausstellungen sind Publikationen erschienen. www.mumok.at)

(B I L D A V I S O – Pressebilder zu den Ausstellungen stehen unter www.mumok.at/de/presse zum Download bereit.)