BP-Wahl - Internationale Pressestimmen 1
Wien (APA/dpa/AFP) - Internationale Zeitungen kommentieren am Montag den Ausgang der österreichischen Bundespräsidentenwahl:...
Wien (APA/dpa/AFP) - Internationale Zeitungen kommentieren am Montag den Ausgang der österreichischen Bundespräsidentenwahl:
„Magyar Idök“ (Budapest):
„Ob das Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer heißt - am Wesentlichen ändert das nichts. In Österreich ist nämlich das seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende, auf der Großen Koalition von Linken und Rechten gegründete politische System gescheitert. (...) Die Welt geht durch drastische Veränderungen. Die Führer der westlichen Zivilisation tun aber weiterhin so, als ob nichts geschehen wäre. Alexander Van der Bellen wird bald in die Hofburg einziehen. Er wird mit aller Gewissheit sehr höflich, EU-konform und politisch korrekt sein. Seinen Namen werden wir aber in Hinkunft nicht mehr hören. Die EU-, migrations- und globalisierungsfeindlichen Slogans (der FPÖ) dafür umso mehr.
„Dernieres Nouvelles d‘Alsace“ (DNA) (Straßburg):
„Die kleine Bundesrepublik Österreich hat geschwankt, ist aber nicht umgefallen. Alles andere als das. Mit mehr als 53 Prozent der Stimmen hat der Grünen-Politiker und neue Präsident Alexander Van der Bellen (dem Rechtspopulisten) Norbert Hofer und dessen Truppen den Zutritt zur Hofburg versperrt. Das ist ihm gelungen, indem er systematisch jede einzelne Position seiner Gegner bekämpfte. Er hat ihnen nicht erlaubt, die Nationalfahne und das Wort ‚Heimat‘ für sich allein in Anspruch zu nehmen.“
„Neue Zürcher Zeitung“:
„Wer nun allerdings versucht ist, zu jubeln und sich zurückzulehnen, sollte dennoch kurz innehalten. Die Spannungen in der großen Koalition sind akuter denn je, der politische Stillstand verschärft sich, ein Sieg der FPÖ bei vorgezogenen Neuwahlen bleibt wahrscheinlich. Van der Bellens Sieg erlaubt der FPÖ sogar, sich noch stärker als die unbeteiligte Außenseiterin und Anwältin des kleinen Mannes in Szene zu setzen. Guttun wird der bedächtige Van der Bellen dem Land dennoch, sitzt doch nun ein auf Ausgleich bedachter Präsident in der Hofburg. Das ist nicht wenig in Zeiten der institutionalisierten, medial befeuerten Atemlosigkeit.“
„Vecer“ (Maribor):
„In einer überhitzten Atmosphäre, in der in ganz Europa angesichts der fremdenfeindlichen, flüchtlingsfeindlichen und antieuropäischen Stimmung auch der Aufstieg von populistischen, vor allem aber rechtsextremen Parteien erwartet wird, hat Österreich bewiesen, dass es eine ermunternde Ausnahme sein kann, ein Wegweiser für ein toleranteres und gerechteres Europa, das zusammenhalten und die Probleme verantwortungsvoll anpacken will. Das ist ein guter Wegweiser für Europa. (...) Allerdings ist erst eine Schlacht gewonnen. Hofer ist nur gegenwärtig geschlagen, viele Probleme bleiben ungelöst. Sein Chef Heinz-Christian Strache kann es kaum erwarten, in den Kanzlersessel katapultiert zu werden.“
„Dnevnik (Ljubljana):
„Die ersten Wahlen nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA endeten mit einem überraschend klaren Sieg der Mitte-(Links)-Politik, die von Alexander Van der Bellen verkörpert wird. (...) Entgegen der ziemlich verbreiteten Erwartungen bzw. Befürchtungen sind die österreichischen Wähler nicht der Mode gefolgt. Im Gegenteil, es scheint, dass sie durch Brexit und den Trump-Sieg überzeugt worden sind, dass das Unmögliche zu jeder Zeit und an jedem Ort passieren kann, weshalb man wählen muss. (...) Die Wahl von Van der Bellen wird nur vorübergehend eine Erleichterung bringen, wenn nicht alle Zentrumsparteien, auch die oppositionellen Grünen und Neos, das nicht nützen können werden.“
„Delo“ (Ljubljana)
„Die Österreicher haben beschlossen, dass ihr Land nicht das erste EU-Mitglied wird, das einen „Rechtsextremen“ zu seinem Oberhaupt wählt, wie noch Tage zuvor die westlichen Medien gewarnt haben. (...) Österreich ist somit dem traurigen Schicksal entgangen, mehr als einen Tag in den Schlagzeilen der Weltzeitungen zu sein. Danach wird auch der Promi-Glanz des Wahlsiegers Alexander Van der Bellen erlöschen. Wie es sich für seine ziemlich unwichtige Rolle beim Funktionieren des Staates gehört, wird er für eineinhalb Jahre vergessen sein. Dann steht ein Deja-vu bevor. Bei der Nationalratswahl kann es durchaus passieren, dass wir wieder vor der großen Gefahr stehen werden, dass an die Spitze eines EU-Mitgliedes ein extrem rechter (tatsächlicher) Anführer gewählt wird. Der (symbolische) Anführer Van der Bellen wird in die Schlagzeilen geraten, weil er sich entscheiden muss, ob er einem Freiheitlichen den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt oder nicht.“
„Politika“ (Belgrad):
„In der gegebenen Situation wird es gewiss, dass Österreich angesichts der entsprechenden Stimmung der Wählermehrheit und der Haltung führender Politiker, die die extreme Rechte seit kurzem als möglichen Regierungspartner akzeptieren, eine Zeitspanne der politischen Wende nach rechts bevorsteht.“