Bezirk Landeck

Von Mordversuchen und wiederentdeckten Dorfchefs

© Reichle

Manfred Jenewein erzählt in seinem vierten historischen Buch vom steinigen Weg der Sozialdemokratie im Bezirk Landeck.

Von Matthias Reichle

Landeck –Eine Episode beschreibt die Anfänge der Sozialdemokratie im Bezirk Landeck beispielhaft: 1896 gab es im Gasthof Nußbaum in Perjen ein Eisenbahner-Arbeiter-Fest – es war eine der ersten Veranstaltungen der noch jungen Partei, die sich in Tirol erst sechs Jahre vorher begründet hatte. Was dann geschah, lädt heute zum Schmunzeln ein – damals war es ein Eklat. Konservative und klerikale Kräfte trommelten an die 1200 Bauern aus den umliegenden Dörfern zusammen. Das Versammlungsrecht sah vor, dass die Mehrheit den Versammlungsführer bestimmt. Also wählten sie statt des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Engelbert Pernerstorfer den konservativen Zammer Dekan Nitsche und verabschiedeten eine Resolution, in der es unter anderem hieß, man verurteile „die gottlosen und gemeingefährlichen Lehren der Sozialdemokratie und deren Wühlereien im Lande“.

„Es gibt ein Zitat, dass die Sozialdemokratie in Tirol auf einen besonders steinigen Boden stieß. Im Westen waren die Steine noch etwas größer“, fasst der Landecker Gemeinderat und Historiker Manfred Jenewein die Anfangsjahre seiner Partei zusammen. Er hat sein inzwischen viertes Buch zur „Geschichte der Sozialdemokratie im Bezirk Landeck“ verfasst und dabei einiges Bemerkenswerte zusammengetragen. „Die Archive sind schlecht bestückt, auch weil die Partei 1934 verboten wurde“, beschreibt er die schwierige Recherche.

Die erste Ortsgruppe gab es ab 1899 in Nasserein (heute St. Anton), wo viele Eisenbahner lebten. Erster Obmann der Bezirksorganisation war wohl Josef Tschom aus Zams.

Jenewein hat auch einen „roten“ Bürgermeister aufgestöbert, von dem man gar nichts mehr wusste. Adolf Hammerle leitete für einige Wochen die Geschicke der Gemeinde Zams. In der Galerie der Dorfchefs sucht man ihn dort vergeblich. Die Anfangszeit war ruppig. So berichtet die Arbeiterzeitung in den 20ern von einem „Mordversuch“ an einem sozialistischen Vizebürgermeister in Landeck. Bemerkenswert ist auch die Episode um das Café Kristen in Landeck. Die Sozialdemokratie hatte im Gasthaus seit 1924 Räume angemietet. Der Landecker Bürgermeister Hamerl kaufte es 1927 im Namen der Gemeinde auf und verkaufte es sogleich mit der Auflage weiter, dass „keine freidenkerischen und das christliche Empfinden verletzenden Versammlungen mehr stattfinden“. Auch die Sozialdemokraten waren trickreich. 1968 schaffte es eine rote Liste im schwarzen Spiss an die Macht, weil sie die ÖVP überrumpelte, die ihrerseits aus zeitlichen Gründen keine Liste mehr einreichen konnte.

„Nach 1945 war der Bezirk Landeck das Sorgenkind der Partei. Das hat sich nach zwei, drei Jahrzehnten gedreht“, betont Jenewein. „In den 90ern hat man es geschafft, der beste Bezirk zu sein.“ Diese Zeit ist freilich vorbei. Gab es 2004 noch 58 SPÖ-Mandatare in den Gemeinderäten des Bezirks, sind es heute nur noch 32, so viele wie zuletzt 1962.

Der Wunsch Jeneweins: Sein Buch soll Basis für ein neues SPÖ-Denken werden. Im Jänner wird sich auf Bezirks­ebene wieder einiges ändern. Hans-Peter Bock, seit 2003 Bezirksobmann, tritt nicht mehr an. Ihm soll Benedikt Lentsch nachfolgen.

Das Buch gibt es in der SPÖ-Bezirkszentrale, bei der Tyrolia Landeck, bei der Buchhandlung Jöchler und bei Manfred Jenewein selbst (manfred.jenewein@aon.at).

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