Internationale Pressestimmen zur erweiterten EZB-Geldschwemme
Frankfurt/Madrid/Rom (APA/dpa) - Zur Entscheidung der Europäischen Zentralbank, noch weiter Milliarden in die Märkte zu pumpen, schreibt die...
Frankfurt/Madrid/Rom (APA/dpa) - Zur Entscheidung der Europäischen Zentralbank, noch weiter Milliarden in die Märkte zu pumpen, schreibt die spanische Zeitung „El País“ am Freitag:
„Draghi sorgt für künftige Zeiten vor, die schwieriger und chaotischer sein könnten als die Gegenwart. Als Grund nennt er die politischen Risiken, die ja zweifellos existieren, aber in Frankfurt weiß man nur allzu gut, dass das Kernproblem der europäischen Lähmung die Wirtschaftspolitik ist: Es scheint keine Möglichkeit zu geben, Berlin und seine Verbündeten davon zu überzeugen, dass die monetäre Expansion durch eine fiskalische Expansion begleitet werden muss. (...) Die EZB tut, was sie tun muss. (...) Aber es wird eine Zeit kommen, in der die Märkte das Vertrauen in diese heterodoxe Finanzpolitik verlieren werden.
„Zur Entwicklung an den internationalen Finanzmärkten heißt es in der italienischen Tageszeitung „La Stampa“:
„Entgegen den Vorhersagen wenige Tage nach dem Wahlsieg Donald Trumps sind die Börsen weltweit abgehoben, und die verwirrten Börsenexperten müssen sich das ein ums andere Mal kneifen, um sicherzugehen, dass sie nicht träumen. Starke Verluste waren vor allem an der Wall Street erwartet worden, und selbst dort sind die Notierungen binnen kurzem von einem Rekord zum anderen geeilt (...) Was ist los? (...) Trumps Programm ist mittelfristig nicht zu verwirklichen (...), aber kurzfristig schließt man die Augen und kauft an der Börse. Der Aufschwung an den europäischen Börsen kommt im Kielwasser der amerikanischen Euphorie, hat aber ein viel solideres Fundament. Gestern Nachmittag hat der Markt tatsächlich von Draghi die Worte gehört, die er seit Monaten zu hören hoffte: Die wirtschaftliche Erholung ist langsamer als erwartet, aber sie ist wirklich da, und die expansive Geldpolitik wird wenigstens das ganze nächste Jahr weitergehen und dann solange, wie sie nötig ist.“
Die „Neue Zürcher Zeitung“ kritisiert am Freitag die Fortsetzung der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB):
„Die Europäische Zentralbank hat eine große Chance verpasst, den Einstieg in den Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik einzuleiten. Das hätte durch eine signifikante Kursänderung bei den Anleihekäufen oder zumindest verbal durch Präsident Mario Draghi geschehen können. Stattdessen verlängert die EZB das Kaufprogramm über den März 2017 hinaus (...).
Draghi betont damit weiter die Risiken statt die Chancen in der Eurozone. Das ist schon deshalb problematisch, weil ein guter Wirtschaftsverlauf viel mit Psychologie zu tun hat. Nur zuversichtliche Investoren und Privatpersonen investieren und konsumieren entsprechend.
Der Zeitpunkt für die Zinswende wäre günstig, weil sich die Konjunktur im Euroraum stabil entwickelt und sich dank dem steigenden Erdölpreis zumindest die Gesamtinflation in die von der EZB gewünschte Richtung bewegen wird.“
~ WEB http://www.ecb.int ~ APA191 2016-12-09/11:43