Italien wartet auf neue Regierung: Gentiloni möglicher Premier

Rom (APA) - Nach dem Ende der politischen Konsultationen in Rom erwartet Italien eine neue sozialdemokratische Regierung unter der Führung v...

Rom (APA) - Nach dem Ende der politischen Konsultationen in Rom erwartet Italien eine neue sozialdemokratische Regierung unter der Führung von Außenminister Paolo Gentiloni. Staatschef Sergio Mattarella, der zuletzt Sondierungsgespräche mit allen politischen Parteien geführt hat, bat den 61-jährigen Römer zu einem Gespräch im Quirinal, dem Präsidentschaftspalast, das am Sonntag für 12.30 Uhr geplant ist.

Mattarella will eine Regierung einsetzen, die das Wahlgesetz reformieren und das Land bis zum Ende der Legislaturperiode Anfang 2018 führen kann. Unter Gentilonis Führung könnte de facto eine Neuauflage der Regierung von Premier Matteo Renzi auf die Beine gestellt werden, der am Mittwoch zurückgetreten war. Das neue Kabinett könnte aus einer Allianz aus Renzis Demokratischer Partei (PD), der rechtskonservativen Partei NCD (Nuovo Centro Destra) um Innenminister Angelino Alfano und einer Reihe kleinerer Zentrumsparteien entstehen.

Italien brauche rasch eine handlungsfähige Regierung, so Mattarella in einer kurzen Erklärung nach Ende der Konsultationen am Samstagabend. Das Land stehe vor wichtigen Terminen, die berücksichtigt werden müssten. Dabei handle es sich um interne, europäische und internationale Termine, erklärte der Staatspräsident. Im März sind die Feierlichkeiten für das 60. Jubiläum der EU-Gründungsverträge von Rom sowie ein G-7-Gipfel im sizilianischen Taormina geplant. Erwartet wird jetzt, dass der Staatschef am Sonntag, spätestens jedoch am Montag den Regierungsauftrag erteilen wird. Der Präsident drängt darauf, dass Italien bereits am kommenden Donnerstag mit einer funktionsfähigen Regierung am EU-Gipfeltreffen in Brüssel teilnimmt.

Gegen ein Kabinett Gentilonis wehren sich die Oppositionsparteien, die weiterhin auf Neuwahlen pochen. „Gentiloni ist ein Renzi-Avatar. Wir werden mit ihm nicht zusammenarbeiten“, betonte der Spitzenpolitiker der europakritischen Protestbewegung Fünf Sterne, Luigi Di Maio. Die ausländerfeindliche Lega Nord drohte mit Protesten, sollten nicht sofort vorgezogene Parlamentswahlen ausgerufen werden. Auch die rechtskonservative Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi will eine Gentiloni-Regierung nicht unterstützen.

Sollte es zu Neuwahlen kommen, hätte die Fünf-Sterne-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo beste Chancen, zu Italiens stärkster Einzelpartei aufzurücken. Laut einer von der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ am Sonntag veröffentlichten Umfrage würde es die Protestbewegung auf 31,5 Prozent der Stimmen schaffen. Renzis PD müsste sich mit 29,8 Prozent begnügen, eine Mitte-Rechts-Koalition würde mit 28,6 Prozent auf Platz drei kommen.

Die Verabschiedung eines Wahlgesetzes wird nun zur Priorität im politischen Rom. Derzeit wird der Senat nach dem Verhältniswahlrecht und das Abgeordnetenhaus nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt. Wahlen nach zwei verschiedenen Systemen würden nach Auffassung der meisten politischen Beobachter aber zu weiterer politischer Lähmung führen. Anweisungen zum neuen Wahlgesetz soll das Verfassungsgericht am 24. Jänner geben.

Renzi hatte am Mittwoch seinen Rücktritt eingereicht, nachdem eine von ihm vorgeschlagene Verfassungsänderung bei einem Volksentscheid am vergangenen Sonntag gescheitert war. Schwerpunkt der abgelehnten Änderung war es, das bisherige parlamentarische Zwei-Kammern-System abzuschaffen und den Senat durch eine deutliche Verkleinerung zu entmachten.