Was wird mit Renzi? Italien rätselt über Zukunft des Ex-Premiers

Rom (APA) - Die Kisten sind gepackt, die Koffer auf dem Weg in die Toskana. Matteo Renzi, jüngster Premier Italiens und mehr als 1.000 Tage ...

Rom (APA) - Die Kisten sind gepackt, die Koffer auf dem Weg in die Toskana. Matteo Renzi, jüngster Premier Italiens und mehr als 1.000 Tage lang im Amt, ist aus dem Palazzo Chigi, dem Regierungssitz in Rom, ausgezogen. Fotografen lichteten ihn ab, während er wie ein ganz normaler Familienvater seinen Sohn zum Fußballtraining fuhr. „Jetzt bin ich der Chauffeur meiner Kinder“, scherzte Renzi.

Vom prunkvollen Glanz der Salonsäle des Weißen Hauses, wo er erst kürzlich den scheidenden US-Präsidenten Barack Obama getroffen hatte, zur bürgerlichen Kleinvilla im toskanischen Provinznest Pontassieve. Die Rückkehr zum Alltag als Normalbürger wird für den ehrgeizigen Renzi sicherlich nicht einfach sein. „Ich habe gelitten, als ich gestern Nacht die Koffer zuschloss. Ich schäme mich nicht, das zu sagen. Ich bin kein Roboter. Doch in harten Zeiten erkennt man die wahren Freunde. Dank an all jene, die sich bei mir gemeldet haben. Es war wichtig für mich“, schrieb Renzi am Sonntag auf Facebook.

„Ich kehre als einfacher Bürger nach Hause zurück. Ich habe keinen Parlamentariersitz, kein Gehalt, keine Pension. Ich starte aufs Neue, und das ist richtig so. Politik ist für mich, meinem Land zu dienen, nicht davon zu profitieren“, schrieb Renzi. Stolz hob er die Leistungen seines Kabinetts in der fast dreijährigen Amtszeit hervor. „Es ist unglaublich, wie viele Reformen wir durchgesetzt haben.“

Natürlich kann Renzi die Enttäuschung über das Scheitern seiner Verfassungsänderung, der „Mutter aller Reformen“, nicht verbergen, die die Krönung seiner politischen Karriere hätte sein sollen. Sie wurde von den Italienern per Referendum mit einer klaren Mehrheit von 59 Prozent abgelehnt. „Eines Tages wird klar sein, dass diese Reform Italien und nicht der Regierung gedient hätte. Doch wenn das Volk spricht, muss man seine Beschlüsse akzeptieren. Die Italiener haben einen Beschluss gefasst, es lebe Italien!“, schrieb Renzi.

Wer Renzi gut kennt, zweifelt stark, dass der Jungstar der italienischen Politik und „Verschrotter“ altgedienter Herren der römischen Führungselite von jetzt an ein anonymes Leben als Familienvater führen wird. Renzi, der selbst nach dem Referendum gleichsam „verschrottet“ wurde, bleibt Chef der Demokratischen Partei (PD), der stärksten Einzelgruppierung im italienischen Parlament. Renzis Partei wird die Regierung unterstützen, die Außenminister Paolo Gentiloni voraussichtlich auf die Beine stellen wird. Sie wird bei den bevorstehenden Verhandlungen für eine Wahlrechtsreform ein entscheidendes Wort mitreden.