Doppelbudget im Landtag: Tirol will keine Politik auf Pump
Die schwarze Null steht auch im letzten Doppelbudget der schwarz-grünen Landesregierung. LH Günther Platter (VP) betont, dass Sparsamkeit kein Selbstzweck ist. Opposition vermisst Akzente.
Innsbruck –Sollte nichts Unvorhergesehenes passieren, wird das Land Tirol auch im Wahljahr 2018 zum siebenten Mal in Folge das Haushaltsjahr mit einer schwarzen Null abschließen. Denn auch das Doppelbudget 2017/2018 sieht wie in den vergangenen Jahren keinen Abgang vor, der Landtag wird es diese Woche diskutieren und dann auch mit der schwarz-grünen Mehrheit beschließen.
Für die Ausgaben von 3,656 bzw. 3,764 Milliarden Euro sind Einnahmen in derselben Höhe vorgesehen. Trotz steigender Aufwendungen vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich, Investitionen in die Kinderbetreuung und Bildung ist die schwarz-grüne Koalition damit ihrem selbst auferlegten Budgetpfad treu geblieben.
Budget-Schwerpunkte
Keine Neuverschuldung. 2017 werden 3,656 Mrd. Euro ausgegeben, im Folgejahr 3,766 Mrd. Es gibt keine Neuverschuldung, 2018 wird der Schuldenstand auf 269,8 Mio. Euro reduziert.
Soziales: Ausgaben steigen bis 2018 um 116 Mio. auf 648,7 Mio. Euro.
Gesundheit: Das Budget beträgt 763 bzw. 804 Mio. Euro. Das Plus beläuft sich bis 2018 auf rund 70 Mio. Euro.
Wohnbau: 298 Mio. Euro gibt das Land aus, davon 270 Mio. für die Wohnbauförderung.
Nahverkehr: 124,3 Mio. fließen 2017 in den öffentlichen Nahverkehr, 2018 sind es 130,4 Mio. Euro. 100,5 bzw. 106,6 Millionen erhält davon der Verkehrsverbund.
Kinderbetreuung und Ganztagsschulen: 8,8 Millionen mehr gibt es bis 2018 (112 Mio. Euro).
Bildung: Um 34,4 Mio. Euro erhöhen sich die Aufwendungen bis 2018 (651 Mio. Euro).
Landwirtschaft: Die EU-Förderungen für die Tiroler Landwirte werden von Union und Nationalstaaten gemeinsam finanziert. Mit seinem Beitrag sichert das Land Tirol die gesamten Förderungen für die Bauern. 55,9 Mio. Euro sind im Budget für die Landwirtschaft vorgesehen.
Großprojekte. Bauprojekte wie der Neubau des Hospizhauses in Hall oder des Management Center Innsbruck, aber auch Sportveranstaltungen wie die Biathlon-WM 2017 in Hochfilzen und die Rodel-WM in Innsbruck sind im Doppelbudget bereits berücksichtigt. Dafür werden in den nächsten zwei Jahren zweckgebundene Rücklagen in der Höhe von 150 Mio. Euro aufgelöst.
Die Pro-Kopf-Verschuldung wird in zwei Jahren um zwei Euro auf 370 Euro gesenkt, der Schuldenstand insgesamt 269,8 Millionen Euro betragen. Und im Gegensatz zu manchen anderen Bundesländern besitzt das Land noch sein Familiensilber. So fließen 2017 und 2018 jeweils rund 54 Millionen Euro an Dividenden des Landesenergieversorgers Tiwag in das Budget. Das Land verfügt auch noch zur Gänze über die Wohnbauförderungsdarlehen. 3,2 Milliarden Euro haften aktuell aus, die jährlichen Rückflüsse daraus ergeben 170 bis 190 Mio. Euro. Sie sind damit Eckpfeiler der jährlichen Wohnbauförderungsdarlehen von rund 270 Mio. Euro.
Nach der Finanzspritze durch die Tiwag von 220 Mio. Euro und einer Reduzierung der Bilanzsumme auf derzeit 7,5 Milliarden Euro schaffte es die Hypo-Landesbank wieder zurück in die Gewinnzone. Die befristeten Haftungen des Landes für die Hypo laufen übrigens Ende nächsten Jahres aus, Mitte der 2000er-Jahre betrugen sie rund elf Milliarden Euro. 423 Mio. Euro an beschränkten Haftungen werden dann bis 2043 auf null gestellt.
Trotz dieser österreichweit hervorragenden Zahlen gelang es der Landesregierung zuletzt nicht, die Kritik über die mangelnde Förderung der Sozialvereine oder über die Eingliederung von sieben Landesfonds wie den Naturschutzfonds in das Budget zu entschärfen. Der Unmut liegt im Detail. Wobei es bei den Sozialvereinen lediglich um 100.000 Euro gehen würde. Ein vergleichsweise lächerlicher Betrag – doch offenbar will das Land hier nicht einlenken. Naturschutzorganisationen, aber auch die Umweltabteilung des Landes befürchten ihrerseits weniger Geld für den Naturschutz; weil die Zweckwidmung wegfällt. 60 Prozent der Mittel können künftig für Klimaschutz und da vor allem für den öffentlichen Nahverkehr verwendet werden.
Für Finanzreferent LH Günther Platter bildet das Doppelbudget insgesamt die Basis für die Arbeit der Landesregierung. „Und es macht klar: Sparsamkeit ist für uns ein positiver Begriff, Verantwortung und Ausgewogenheit sind die wichtigsten Prinzipien und Weitblick eine Voraussetzung, ohne die nichts geht.“
Der Landeshauptmann stellt gleichzeitig außer Streit, dass Sparsamkeit und natürlich auch ein Nulldefizit kein Selbstzweck sind. „Aber sie sind die Basis dafür, handlungsfähig zu bleiben, auch wenn die Zeiten noch schwieriger werden.“ Aus innerster Überzeugung sei es sein Ziel als Finanzreferent gewesen, so Platter, erneut ein Budget vorzulegen, „das unseren Kindern die Zukunft nicht verbaut, sondern im Gegenteil, ihnen durch eine Politik ohne neue Schulden die gleichen Gestaltungsspielräume in der Zukunft zu bieten, wie auch wir sie heute haben. Denn Konsum auf Pump ist der Einstieg zum Abstieg.“
Platter verweist gleichzeitig auf die genannten Schwerpunktsetzungen in der Kinderbetreuung, der Gesundheitsversorgung, im öffentlichen Verkehr oder bei den Investitionen: „Wir werden in den kommenden beiden Jahren 320 Millionen Euro für Investitionen und investitionsfördernde Maßnahmen ausgeben und dadurch Tausende Arbeitsplätze sichern bzw. neue schaffen.“
Die Opposition im Landtag beurteilt das Budget jedoch sehr kritisch. In den Ausschüssen wurde es durchwegs abgelehnt, die Oppositionsparteien vermissen vor allem Innovationen. Für die FPÖ sind Doppelbudgets in Zeiten des Asylchaos überhaupt unseriös, die Liste Fritz spricht von einem „biederen Landeshaushalt“. Die SPÖ ortet hingegen eine „schwarze Null“ auf Kosten der Gemeinden. Weil die Transferleistungen enorm ansteigen würden.
Großes West-Ost-Gefälle bei den LänderbudgetsTirol, Wien und Kärnten bilden in der nächsten bzw. übernächsten Woche den Budgetabschluss der österreichischen Bundesländer. Niederösterreich hat seinen Landeshaushalt für 2017 bereits im Sommer beschlossen. Blickt man auf die Finanzlage der österreichischen Bundesländer, so setzt sich das bereits seit Jahren gefestigte West-Ost-Gefälle weiterhin fort. Mit einer einzigen Ausnahme: das Burgenland. Dort wird man im nächsten Jahr ausgeglichen bilanzieren und sogar zwei Millionen Euro an Schulden abbauen können. Doch mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 3432 Euro ist der Spielraum für die dort regierende rot-blaue Landesregierung trotzdem mehr als eng.
Neben dem Burgenland weisen lediglich Vorarlberg, Tirol und Salzburg in ihren Haushalten für 2017 ein Nulldefizit auf. Bei den Schulden trennt sich jedoch endgültig die Spreu vom Weizen. Vorarlberg und Tirol tragen mit 111 bzw. 270,1 Mio. Euro den leichtesten Schuldenrucksack. In der von der Statistik Austria erstellten Schuldenstatistik, die auf das „Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen“ zurückgreift und alle öffentlichen Sektoren einbezieht, ist Tirol überhaupt der Finanzprimus von Österreich.
Wien, die Steiermark und Niederösterreich weisen im nächsten Jahr die größten Abgänge auf. Die Bundeshauptstadt muss 569 Millionen Euro neue Schulden verkraften, die schwarz-rote Koalition in Graz 305 Mio. Euro. Niederösterreich folgt mit einem Budgetdefizit von 256 Mio. Euro auf dem Fuß. Die Abwicklung der Hypo Alpe Adria Bank lässt in Kärnten den Schuldenstand auf 4,1 Mrd. Euro und die Pro-Kopf-Verschuldung auf 6870 Euro explodieren. Und das Land schreibt im nächsten Jahr mit 104 Millionen Euro erneut rote Zahlen.
Selbst Oberösterreich schafft keinen ausgeglichenen Haushalt und erwirtschaftet bei einem 5,2-Milliarden-Budget einen Abgang von immerhin 42,4 Millionen Euro. (pn)