„Lesen, schreiben, rechnen, Ski fahren“
Das Kunstschneemachen geht in die Millionen. In Ehenbichl schaut die ganze Gemeinde auf ihren Lift.
Von Helmut Mittermayr
Ehrwald, Tannheim, Zöblen, Ehenbichl –Was, die Tageskarte kostet echt so viel? So mancher erwachsene Wintersportler wird schon innerlich gestöhnt haben, wenn er die Geldtasche gezückt hat. Wäre ihm in diesem Moment klar, welche Infrastrukturleistung vorgeschaltet war, um ihm einen Pistentag zu ermöglichen, würde ihm der Preis fair, vielleicht sogar günstig erscheinen. Zu einem Hauptkostenpunkt für die Bergbahnen hat sich immer mehr die Beschneiung entwickelt. Ehrwald oder Lermoos konnten im Dezember zum Beispiel weiße Pisten anbieten, Reutte nicht.
Auf der Ehrwalder Alm wurden diesen Winter aus 160.000 Kubikmetern Wasser knapp 400.000 Kubikmeter Schnee produziert. Sobald diese Schneehaufen in ihren Gesamtherstellungskosten dargestellt werden, relativieren sich Kartenpreise umgehend. „Auf der Ehrwalder Alm etwa ist jeder Kubikmeter Kunstschnee mit vier bis fünf Euro hochzurechnen. Genau kann man es natürlich nicht sagen. Aber mit rund zwei Millionen Euro, die wir – alles eingerechnet – diesen Winter bisher für Kunstschnee aufgewendet haben, liegt man nicht weit entfernt“, erklärt etwa Ehrwalder-Alm-Chef Franz Dengg. In der Zugspitzregion kostet die Tageskarte für Erwachsene derzeit 43 Euro.
In Zöblen verwandelten sich bisher 36.000 Kubikmeter Wasser in 75.000 Kubikmeter künstlichen Schnee, weiß der Geschäftsführer der Tannheimer Bergbahnen, Wolfgang Moosbrugger, zu berichten. In Tannheim wurden rund 50.000 Kubikmeter Schnee ausgebracht. Aller Aufwand addiert, auch nahezu 600.000 Euro. „Eingerechnet werden müssen hier die Kosten für Beschneiungsteich, Pumpanlagen, Verrohrung, Schneeerzeuger, Schneeverschiebung, Präparierung mit Pistenmaschinen und vieles mehr bis hin zur Amortisation, bis ein Skifahrer auf einer befahrbaren weißen Fläche stehen kann“, erklärt Moosbrugger. An den Anlagen des Tannheimer Tals kostet die Tageskarte 35,50 Euro.
Vollkommen anders sieht die Situation an Kleinliften wie in der Waldrast in Ehenbichl aus. Hier ist die Gemeinde Betreiber und ermöglicht erst das Bestehen. Nicht, dass Geld hier keine Rolle spielen würde, aber die Zielsetzungen sind andere. So haben gerade VBM Heinz Brutscher, Peter Lorenz und BM Wolfgang Winkler die Betriebsleiterprüfung gemacht, um ehrenamtlich für die Waldrast arbeiten zu können. „Lesen, schreiben, rechnen, Ski fahren. Das sollte jeder Tiroler beherrschen. Wir tun das Unsere dafür“, erklärt BM Winkler. Die Piste ist jedenfalls fertig. Schneekanonen, kalte Luft und viel Herzblut seien das Rezept dazu gewesen. Die Liftspur wurde von freiwilligen Helfern von Hand eingeschaufelt. „Es gibt ein Gefühl der Zufriedenheit, wenn man weiß, dass jetzt einem Skiwinter nichts mehr im Weg steht“, freut sich Bürgermeister Winkler über den großen Zusammenhalt im Dorf. Auch zwei Asylwerber sind beim Lift angestellt. Die beiden Burschen kommen aus Afghanistan und betreuen im Wechseldienst die Ausstiegsstelle.
Vor zwei Jahren stand die traditionelle Aufstiegshilfe am Fuße der Ruine Ehrenberg schon vor dem Aus. In einem Kraftakt hatte sich die Gemeinde Ehenbichl entschlossen, den Skilift selbst zu betreiben. Der Tourismusverband Naturparkregion Reutte stellte die Liftanlage kostenlos zur Verfügung. Finanzielle Unterstützung kommt von den Gemeinden Breitenwang, Pflach und Reutte. Eine Handvoll Idealisten steht seit Ende November im Dauereinsatz. Seit Jahreswechsel präsentiert sich die Piste am Waldrastlift im rennfertigen Zustand. „Wir haben einen Grundstock von 30 Zentimetern Kunstschnee zu bieten“, ist der neue, ehrenamtliche Betriebsleiter Heinz Brutscher von einem perfekten Untergrund überzeugt. Wie wichtig der Lift für den Skinachwuchs ist, zeigt der prall gefüllte Rennkalender. Bereits 13 Skirennen sind auf der anspruchsvollen Strecke gebucht. Trainings- und Rennanfragen klärt Brutscher unter Tel. 0660/650 64 66.
In der Waldrast wurden 3000 Kubikmeter Wasser einer Metamorphose in Schneekristalle zugeführt, was 250 Lkw-Ladungen entspricht. Die Tageskarte für den Erwachsenen wird diesen Winter für 18 Euro angeboten.