Eine Facebook-Seite als Zankapfel
Üble Nachrede, Verleumdung, Cybermobbing und mehr hatte die Pollinger Gemeindeführung dem Betreiber einer Facebook-Seite vorgeworfen. Nun hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt.
Von Michael Domanig
Polling –Seit Ende 2015 betreibt der Pollinger Josef Jenewein die Facebook-Seite „Polling in Tirol – Fakten und Mythen“, auf der er sich, wie er sagt, kritisch mit der Kommunalpolitik auseinandersetzt. Die Gemeindeführung sieht die Seite hingegen vor allem als Vehikel „zur Provokation und Verächtlichmachung eines bestimmten Personenkreises“, wie es in einer im Juli 2016 gegen Jenewein erstatteten Anzeige heißt.
Eingebracht wurde diese Anzeige von der Gemeinde Polling, BM Gottlieb Jäger (Allgemeine Bürgerliste), seinen Fraktionskollegen Vize-BM Gabi Rothbacher und GR Thomas Fleißner sowie dem Pollinger Feuerwehrkommandanten Marco Daum. In der 13-seitigen Sachverhaltsdarstellung warf man Jenewein u. a. „Cybermobbing“, widerrechtlichen Zugriff auf ein Computersystem, üble Nachrede, Beleidigung und Verleumdung vor. Die diversen Vorwürfe, die Jenewein gegen die Anzeigenden erhoben habe – darunter unbefugtes Führen eines Berufstitels, widerrechtliche Vorgangsweisen bei Baugenehmigungen, Parken auf einem Behindertenparkplatz, Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Wasserentnahmen oder der Vorwurf von Cyber-Angriffen auf Jenewein –, seien „jedenfalls geeignet, die betroffenen Personen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und/oder herabzusetzen“, hieß es in der Anzeige. Inhaltlich wurden darin sämtliche Vorwürfe Jeneweins zurückgewiesen. Wo es zu Ermittlungsverfahren gekommen sei, seien diese eingestellt worden.
Doch die Anzeige ging noch weiter: Jenewein, so der Vorwurf, poste auf der Facebook-Seite auch unerlaubt Bilder und Tonbandaufnahmen von Gemeinderatsmitgliedern. Zudem habe er dort ein Dokument der Feuerwehr veröffentlicht, das nur von Befugten mit entsprechendem Zugang zum Computersystem eingesehen werden könne.
Doch im Dezember hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck nun das Ermittlungsverfahren gegen Jenewein eingestellt. Postings im Zusammenhang mit einer Strafverfügung gegen Jenewein – wegen unbefugter Verwendung des Gemeindewappens – sowie die Veröffentlichung von Tonbandmitschnitten der Gemeinderatssitzungen und von „offenbar Zeitungen entnommenen Lichtbildern“ seien „strafrechtlich nicht relevant“, so die Staatsanwaltschaft.
Jeneweins Äußerungen seien teils als „scharfe und polemische“, aber wegen des „Sachverhaltsbezuges noch zulässige Kritik an der Amtsführung des Bürgermeisters zu qualifizieren“. Beim Vorwurf des „Cybermobbings“ fehle es „unter Berücksichtigung der Stellung insbesondere des Bürgermeisters“ und wegen des Bezugs zu Gemeindethemen, dem „jeweils auch ein mitgeliefertes Tatsachensubstrat zu Grunde lag“, an der erforderlichen „unzumutbaren Beeinträchtigung der Lebensführung“. Auch dem Vorwurf der „strafbaren Handlung gegen die Ehre wider einen Beamten“ fehle die Grundlage: Rothbacher und Fleißner seien keine Beamten, Jeneweins Äußerungen gegen Jäger wiederum hätten sich nicht auf „Berufshandlungen“ des Bürgermeisters bezogen. Die Herkunft des von Jenewein als Faksimile veröffentlichten Belegs der Feuerwehr sei „nicht klärbar“, der Verdacht, dass er widerrechtlich auf ein Computersystem zugegriffen habe, „keinesfalls nachweisbar“, heißt es weiter.
Jenewein sieht die Einstellung des Verfahrens „als Bestätigung, dass ich wahrheitsgetreu über Ereignisse in der Gemeinde Polling berichte“. Die Anzeige wertet er als – gescheiterten – Versuch der Gemeindeführung, ihn „mundtot“ zu machen.
„Das ist der Rechtsstaat, ich habe es zu akzeptieren“, meint BM Jäger. Er habe gewusst, „dass man sich als Bürgermeister viel gefallen lassen muss“, und erwartet, „dass wohl nicht viel herauskommt“. Dennoch zeigte er sich enttäuscht über die Einstellung. Ziel der Anzeige sei es gewesen, Jenewein „zum Nachdenken anzuregen, dass man nicht permanent Leute beleidigt und beschuldigt. Das Ganze hat ihn aber eher noch bestärkt.“ Es koste viel Zeit, sich permanent gegen Vorwürfe zu wehren, die nicht stimmen würden, so Jäger weiter. „Ich bin seit 20 Jahren Bürgermeister, ich vertrage das. Aber hier werden auch Mitglieder meiner Liste oder der Feuerwehrkommandant, die sich in ihrer Freizeit für Polling einsetzen, an den Pranger gestellt.“ Dass sie rechtlich nicht besser geschützt würden, sei unverständlich. Wobei Jäger den Einfluss Jeneweins ohnehin für begrenzt hält: Dieser sei „nur auf Facebook unterwegs“, im Dorf selbst aber kaum präsent.