Mutmaßlicher Istanbul-Attentäter kämpfte angeblich für IS in Syrien
Istanbul/Damaskus (APA/AFP) - Der mutmaßliche Attentäter der Silvesternacht in Istanbul hat türkischen Presseberichten zufolge für die Dschi...
Istanbul/Damaskus (APA/AFP) - Der mutmaßliche Attentäter der Silvesternacht in Istanbul hat türkischen Presseberichten zufolge für die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien gekämpft. Daher scheine er „sehr professionell in der Handhabung von Feuerwaffen gewesen zu sein“, schrieb die Zeitung „Hürriyet“ am Dienstag unter Berufung auf Ermittler.
Ministerpräsident Binali Yildirim kündigte an, dass das Parlament diese Woche über eine Verlängerung des Ausnahmezustands abstimmen werde.
Wie der allgemein gut informierte konservative „Hürriyet“-Kolumnist Abdulkadir Selvi schrieb, haben die Behörden den Angreifer inzwischen identifiziert. Er habe Erfahrung im Straßenkampf gehabt und sei „besonders ausgewählt“ worden für den Angriff. Die Behörden äußerten sich bisher nicht zur Identität des weiterhin flüchtigen Attentäters, verbreiteten aber Fotos, die ihn beim Geldwechseln zeigen sollen.
Auch tauchte in der Presse ein Video auf, dass den Angreifer auf dem Taksim-Platz zeigen soll. Laut der Zeitung „Habertürk“ benutzte der Angreifer, der am frühen Sonntagmorgen im Istanbuler Nachtclub „Reina“ 39 Menschen erschoss und 69 weitere verletzte, ein Sturmgewehr vom Typ Kalaschnikow. Demnach feuerte er rund 120 Schuss ab, von denen nur wenige ihr Ziel verfehlten.
Den Berichten zufolge soll der Attentäter aus Zentralasien stammen und Verbindungen zur IS-Zelle haben, die den Angriff auf den Atatürk-Flughafen im Juni verübt haben soll, bei dem 47 Menschen getötet wurden. Mehrere der Attentäter damals stammten ebenfalls aus Zentralasien. Die Regierung in Kirgistan erklärte, sie prüfe Berichte über die Verwicklung eines Kirgisen in den Anschlag und stehe in Kontakt mit den türkischen Behörden.
Laut „Habertürk“ traf der Mann Mitte zwanzig im November in der zentralanatolischen Stadt Konya mit seiner Frau und seinen zwei Kindern ein, um „keine Aufmerksamkeit“ zu erregen. Seine Ehefrau sei unter den zwölf Verdächtigen, die bisher festgenommen wurden. Am Dienstag sind am Atatürk-Flughafen in Istanbul laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Dogan zwei weitere Verdächtige festgenommen worden.
Ministerpräsident Yildirim kündigte an, dass das Parlament diese Woche über die Verlängerung des Ausnahmezustands um weitere drei Monate abstimmen werde. Der Ausnahmezustand war nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verhängt worden und würde eigentlich am 19. Jänner auslaufen. Die Regierung nutzte ihre erweiterten Vollmachten unter dem Ausnahmezustand, um hart gegen ihre Gegner vorzugehen.
Zu dem Anschlag in Istanbul hat sich die IS-Miliz bekannt. Sie bezeichnete den Angriff als Vergeltung für die türkische Militärintervention in Nordsyrien. Die türkische Armee versucht dort seit Wochen, die Stadt Al-Bab von den Dschihadisten zu erobern, stößt aber auf erbitterten Widerstand. Laut dem türkischen Generalstab wurden beim Kampf um Al-Bab am Montag 18 IS-Kämpfer getötet.
27 der 39 Opfer des Anschlags waren Ausländer, die meisten von ihnen kamen aus arabischen Ländern. Mehrere der Toten wurden am Dienstag in ihre Heimatländer überführt.
Die oppositionelle Republikanische Volkspartei (CHP) forderte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu dem Angriff, um mögliche Versäumnisse der Sicherheitskräfte zu prüfen. Der Kolumnist Semih Idiz schrieb in „Hürriyet Daily News“, viele fragten sich, ob die geringen Sicherheitsvorkehrungen am „Reina“ nicht auch mit der „kaum verhüllten Abneigung der Regierung gegenüber säkularen Lebensformen“ zu tun hätten.
Die CHP forderte außerdem Ermittlungen gegen den Leiter der Religionsbehörde Diyanet, Mehmet Görmez, weil in der von seiner Behörde verfassten Freitagspredigt vergangene Woche Silvesterfeiern als unislamisch kritisiert worden waren. Konservative Türken lehnen seit langem Silvester als kulturfremd ab, zumal ihre säkularen Landsleute zu Silvester teilweise christliche Weihnachtsbräuche übernommen haben.