Berlin-Anschlag - Ermittlungen gegen möglichen Mitwisser von Amri
Berlin (APA/Reuters) - Auch zwei Wochen nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt ist offen, ob der Attentäter Anis Amri Mitwisser ...
Berlin (APA/Reuters) - Auch zwei Wochen nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt ist offen, ob der Attentäter Anis Amri Mitwisser hatte. Die Verdachtsmomente gegen einen in Berlin festgenommenen 26-jährigen Tunesier reichten nach Angaben der Bundesanwaltschaft vom Mittwoch zunächst nicht aus, um einen Haftbefehl wegen Terrorverdachts zu beantragen.
Gegen den Mann erging in Berlin aber Haftbefehl wegen Sozialhilfebetrugs. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn „wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Anschlagsgeschehen“. Der Beschuldigte traf sich am Tag vor dem Anschlag mit Amri in einem Berliner Restaurant. In einem früheren Verfahren stand er im Verdacht, dass er sich Sprengstoff für einen Anschlag beschafft habe.
Der mutmaßliche Attentäter Amri war am Abend des 19. Dezember mit einem Lkw in den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren und hatte zwölf Menschen getötet. Darunter war auch der polnische Fahrer des Lkw, der erschossen im Fahrerhaus des Lastwagens lag. Auf ihn wurde nach Angaben der Behörde mit derselben Waffe geschossen, mit der Amri in der Nacht zum 23. Dezember in Italien das Feuer auf zwei Polizisten eröffnete. Bei dem Schusswechsel wurde Amri getötet. Die Bundesanwaltschaft geht nach Angaben der Sprecherin davon aus, dass auf den polnischer Fahrer bereits bei der Kaperung des Lkw im Berliner Bezirk Moabit geschossen wurde.
Der beschuldigte Tunesier und Amri trafen sich nach Ermittlungen der Bundesanwaltschaft am Vorabend des Anschlags in einem Berliner Restaurant. Beide hätten sich ungefähr seit Ende 2015 gekannt. Sie hätten gegessen und sich intensiv unterhalten. Daraus habe sich der Verdacht ergeben, dass er in die Tat eingebunden gewesen sein könnte oder zumindest davon gewusst habe, sagte die Sprecherin: „Das konnten wir aber bisher zumindest nicht weiter objektivieren.“ Daher habe sich kein dringender Tatverdacht ergeben, der Voraussetzung für den Erlass eines Haftbefehls wegen Terrorverdachts sei.
Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft erwirkte gegen den 26-Jährigen jedoch einen Haftbefehl, weil er wissentlich zu Unrecht Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz bezogen haben soll. Der Haftbefehl sei damit begründet worden, dass durch die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft Fluchtgefahr bestehe, teilte die Berliner Anklagebehörde mit. Gegen den Mann werde seit Frühjahr 2016 wegen Sozialhilfebetrugs ermittelt.
Gegen den Festgenommenen liefen bereits 2015 Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat, wie die Berliner Staatsanwaltschaft weiter mitteilte. Das Verfahren sei im Juni 2016 eingestellt worden. Der Verdacht, dass sich der Mann Sprengstoff für einen Anschlag beschaffte, habe sich nicht erhärten lassen.
Ein früherer Mitbewohner Amris wird laut Bundesanwaltschaft als Zeuge eingestuft, von dem sich die Ermittler nähere Auskünfte über Amri erhoffen. Auch seine Wohnung war am Dienstag durchsucht worden. Den Ermittlern zufolge versuchte Amri am Vormittag und am Nachmittag des Anschlages, den Mann anzurufen. Ob die beiden miteinander gesprochen hätten, wisse man nicht. Dazu würden sichergestellte Kommunikationsmittel ausgewertet.
Der Bundesanwaltschaft zufolge hielt sich Amri am Tag des Anschlags nachmittags am Friedrich-Krause-Ufer in Berlin-Moabit auf, wo auch der für die Tat benutzte Lkw stand. Für kurze Zeit habe er sich dann in die Perleberger Straße zur Fussilet-Moschee begeben. Gegen 19.30 Uhr sei er wieder am Friedrich-Krause-Ufer gewesen. Dort sei auch der tödliche Schuss auf den polnischen Lkw-Fahrer abgegeben worden.
Kurz nach 20.00 Uhr lenkte der Attentäter den Lastwagen in den Weihnachtsmarkt. Der Sprecherin der Bundesanwaltschaft zufolge wurde Amri nach dem Anschlag von einer Überwachungskamera im Bereich des Bahnhofs Zoo gefilmt, der in Sichtweite des Anschlagsortes liegt. Amri sei bewusst gewesen, dass er gefilmt worden sei: Er habe sich der Kamera zugewandt und den erhobenen Zeigefinger in die Kamera gezeigt.
Die Anklagebehörde ist überzeugt, dass Amri der Attentäter war: „Nach unseren Erkenntnissen gehen wir davon aus, dass Anis Amri diesen Anschlag begangen hat.“