Stubaier fürchten um ihren Sommertourismus
Zahlen belegen, dass der WildeWasserWeg sehr gut ankommt – die geplanten Wasserableitungen sind für den TVB Stubai eine „Katastrophe“.
Von Denise Daum
Neustift –Glasklares Wasser rauscht im Stubaital entlang des WildeWasserWegs. Das wilde Wasser war schon da, den Weg haben die Touristiker innerhalb der letzten Jahre errichtet. Künstlich geschaffen wurde dabei nichts, lediglich die Natur zugänglich gemacht. Zwei Millionen Euro sind insgesamt in das Projekt geflossen, die Region hat sich touristisch als „Tal des Wilden Wassers“ positioniert. Mit Erfolg, wie nun eine Studie des Instituts für Natursport und Ökologie an der Deutschen Sporthochschule Köln zeigt: Der Weg wird sehr gut angenommen, zwischen 20. Mai und 6. November 2016 wurden 250.000 Besucher gezählt. Damit gehört er zu den beliebtesten Touristenattraktionen des Landes.
Deshalb wollen die Stubaier Touristiker ihren Kampf ums Wasser nicht aufgeben – ganz im Gegenteil. Wie mehrfach berichtet, plant die Tiwag einen Ausbau des Kraftwerks Sellrain-Silz mit zusätzlichen Wasserableitungen aus dem Stubaital. Sowohl von der Gemeinde Neustift als auch vom Tourismusverband (in Form der Bürgerinitiative Wilde Wasser) kommt nicht nur emotionaler, sondern auch juristischer Widerstand. Der positive Bescheid wurde beeinsprucht, aktuell wird die Berufung vom Bundesverwaltungsgericht in Wien behandelt.
„Wir gehen bis zur letzten Instanz“, betont TVB-Obmann Sepp Rettenbacher. Das wilde Wasser in der bestehenden Form sei unabdingbar für die gesamte Region. Immerhin werden mittlerweile schon 40 Prozent der jährlichen 1,8 Millionen Nächtigungen im Sommer erzielt. Außerdem will das Tal Tirols Wanderdestination Nummer eins werden – ohne Leuchtturmprojekte wie den WildeWasserWeg sei das nur schwer zu erreichen. „Aber wir brauchen unser Wasser nicht nur für den Tourismus, sondern auch für die Einheimischen“, fügt Rettenbacher hinzu. Das Tal sei ja auch ein wertvolles Naherholungsgebiet für Innsbrucker.
Mit den bestehenden Ableitungen leiste das Stubaital bereits einen wesentlichen Beitrag zur Stromerzeugung, erinnert Planungsverbandsobmann Hermann Steixner. „Bis zu 3700 Liter pro Sekunde sollen abgeleitet werden. Damit bleiben im Extremfall nur noch bis zu 20 Prozent Restwasser“, warnt Steixner. Die Stubaier Gemeinden seien geschlossen gegen das Tiwag-Projekt.
Die Stubaier Touristiker, das ist deutlich herauszuhören, fühlen sich vergessen von der Landesregierung. Und ganz besonders von „unserem“ Landeshauptmann im Stich gelassen, wie Sepp Rettenbacher es formuliert. „Auf der einen Seite bekommen wir den Brückenschlag von der Schlick in die Lizum für den Wintertourismus nicht, auf der anderen nehmen sie uns das Wasser für den Sommertourismus.“
LH Günther Platter bekundet, selbst größtes Interesse daran zu haben, dass der WildeWasserWeg funktioniert, das Land habe das Projekt auch mit 284.000 Euro gefördert. Platter habe die Tiwag aufgefordert, mit den Verantwortlichen offene Fragen zu klären. „Den Vorwurf, man würde das Stubaital im Stich lassen, kann ich nicht nachvollziehen. Aus touristischer Sicht haben wir im Vorjahr beispielsweise das Trainingslager der französischen Fußballnationalmannschaft mit 100.000 Euro unterstützt und heuer zwei Großveranstaltungen mit 50.000 Euro“, erklärt Platter.
Tiwag-Vorstand Johann Herdina kennt die Bedenken der Kritiker und lobt den WildeWasserWeg als „gelungenes Beispiel für sanften und nachhaltigen Tourismus. Tatsache ist, dass der bestehende Weg erst unterhalb des Grawa-Wasserfalls vom Kraftwerksprojekt betroffen ist. Die Wasserführung der Ruetz wird nach Projektrealisierung im Hochsommer zumindest 70 Prozent der bisherigen Wasserführung betragen.“