Filmmonat April: Festivals, grantelnde Komiker und „1984“
Wien (APA) - Mit der ausklingenden Diagonale beginnt und mit dem Crossing Europe endet der festivalintensive April - wenn auch mit dem Musik...
Wien (APA) - Mit der ausklingenden Diagonale beginnt und mit dem Crossing Europe endet der festivalintensive April - wenn auch mit dem Musikfilmfestival Poolinale ein Fixpunkt Wiens der vergangenen Jahre fehlt. Im regulären Kinoprogramm darf man sich u.a. auf Teil 2 des Retro-Weltraumabenteuers „Guardians of the Galaxy“ oder Monja Arts einfühlsames Kinodebüt „Siebzehn“ freuen.
Sondervorstellung „1984“ mit Vortrag im Gartenbaukino (4. April): Mit der Amtseinführung von Donald Trump als neuer US-Präsident schnellten sie hoch, die Verkaufszahlen von George Orwells „1984“. Seit seinem Erscheinen 1948 steht der Roman für die Bedrohung der Demokratie durch totalitäre Ideen - nun weckt etwa die fragwürdige Auslegung der Wahrheit vonseiten Trumps Erinnerungen an Propagandabegriffe des „Ministeriums für Wahrheit“ im Roman. Im Wiener Gartenbaukino wird die Romanverfilmung mit dem kürzlich verstorbenen John Hurt im Rahmen einer Sondervorstellung gezeigt; zuvor zieht der Theoretiker Drehli Robnik in einem Vortrag „politische Lehren aus einem schönen alten Film“.
Tomás Gutiérrez Alea und Erik Durschmied im Metro Kinokulturhaus (6. bis 20. April bzw. 27. April bis 2. Mai): Tomas Gutierrez Alea (1928-1996), Spitzname Titón, war richtungsweisend für das Neue Lateinamerikanische Kino. Das Filmarchiv Austria widmet dem kubanischen Meisterregisseur nun die - nach eigenen Angaben - bisher umfassendste Retrospektive mit Regisseurin, Schauspielerin und Ehefrau Mirtha Ibarra als Ehrengast. Diese zeigt ihre 2008 entstandene Doku „Titón - Von La Habana nach Guantanamera“ als Österreich-Premiere. In den Bergen Kubas im Camp der Rebellen um Fidel Castro begann auch der 1930 in Wien geborene Kriegskorrespondent und Schriftsteller Erik Durschmied seine Karriere - es folgten Stationen in u.a. Vietnam und China. Anlässlich eines Tributes gastiert Durschmied Ende des Monats in Wien.
Der große Grant: Fields/Moser/Totò/De Funès im Filmmuseum (7. April bis 7. Mai): Sie spielten zumeist grantige alte Männer: Verärgert über gesellschaftliche Veränderungen und gegen die Mächtigen ankämpfend, sprachen die vier Komik-Giganten sämtliche Schichten der Gesellschaft an. Mit 26 Filmen zeigt das Filmmuseum Gemeinsamkeiten zwischen dem Österreicher Hans Moser, dem Italiener Totò, dem Franzosen Louis de Funès und dem US-Vorläufer W.C. Fields auf - und präsentiert so eine „besondere Typologie des Humors“. Sie alle hätten keine filmischen Meisterwerke abgeliefert, schrieben dank ihrer spezifischen „Spielernaturen“ aber Geschichte, so die Kinemathek in einer Ankündigung.
Bekanntgabe der Wettbewerbsfilme der Filmfestspiele Cannes (13. April): Wenn bei einer Pressekonferenz der Großteil des Wettbewerbs des wichtigsten Filmfestivals der Welt bekanntgegeben wird, ist die Spannung noch größer als sonst - begehen die Filmfestspiele Cannes vom 17. bis 28. Mai doch ihre 70. Ausgabe. Als Fixstarter gilt für sämtliche bedeutende Branchenportale Michael Haneke mit seinem neuen, im nordfranzösischen Calais gedrehten Film „Happy End“. Der österreichische Autorenfilmer ist seit 1989 Stammgast an der Croisette und holte hier bereits zweimal die Goldene Palme: für „Das weiße Band“ (2009) und „Amour“ (2012). Gute Wettbewerbschancen werden weiters u.a. Sofia Coppola, Todd Haynes und Yorgos Lanthimos ausgerechnet.
Festival du film francophone in Wien (19. bis 27. April): Cineasten und Frankophile kommen zum bereits 19. Mal beim Festival du film francophone in Wien auf ihre Kosten. Eröffnet wird das Festival für französischsprachiges Kino im Gartenbaukino mit der Tragikomödie „Paul à Quebec“ anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums Kanadas. In weiterer Folge sind 22 aktuelle Spiel-, Dokumentar- und Animationsfilme aus Belgien, Frankreich, Kanada, Luxemburg, Rumänien und der Schweiz im Votivkino zu sehen. Hochaktuell ist der Film „Chez Nous“, der sich mit dem Aufstieg der rechtsextremen Partei Front National auseinandersetzt - ohne diese namentlich zu nennen. Der belgische Regisseur Lucas Belvaux präsentiert die Produktion, die im Vorfeld der Präsidentschaftswahl in Frankreich die Partei von Marine Le Pen erzürnt hat, persönlich in Wien.
Jean-Luc Godard 3 im Filmmuseum (19. April bis 10. Mai): Mit Werken Jean-Luc Godards aus den letzten drei Jahrzehnten beendet das Österreichische Filmmuseum seine schrittweise Würdigung des französisch-schweizerischen Visionärs. Für sein „Alterswerk“, „das elegisch Summe zieht über das eigene Schaffen, die Geschichte des Kinos und die des 20. Jahrhunderts“ steht etwa die 1998 vollendete Dokureihe „Histoire(s) du cinema“. Zu sehen ist auch die 2014 erschienene 3D-Collage „Adieu au langage“.
Cine Latino Festival im Wiener Filmcasino (20. bis 27. April): Zum sechsten Mal gastiert das biennal veranstaltete Cine Latino Festival im Filmcasino und präsentiert die Vielfalt lateinamerikanischen Filmschaffens. Rund 20 Spiel- und Dokumentarfilme, darunter einige Österreich-Premieren, führen von Mexiko bis Feuerland, darunter der brasilianische Goya-Gewinner „Aquarius“ von Kleber Mendonca Filho und der Eröffnungsfilm „Ein ehrenwerter Bürger“ („El ciudadano ilustre“). Die vielprämierte Komödie mit Hauptdarsteller Oscar Martinez startet im Anschluss österreichweit im Kino.
Crossing Europe in Linz (25. bis 30. April): Mit fünf hochpolitischen Filmen zu Themen wie Rechtspopulismus in Frankreich und Bürgerkrieg in der Ukraine wird die 14. Ausgabe des Crossing Europe eröffnet. Darunter findet sich mit „Tereddüt“ („Clair-obscur“) das neueste Werk der türkischen Autorenfilmerin Yesim Ustaoglu, der beim Festival ein „Spotlight“ gewidmet wird. Darüber hinaus werden an sechs Tagen rund 160 gesellschaftspolitische Spiel- und Dokumentarfilme gezeigt, wobei das vollständige Programm Mitte April bekanntgegeben wird. Im Vorjahr stellte das Festival mit 22.000 Gästen einen neuen Besucherrekord auf.
Verleihung Deutscher Filmpreis (28. April): Mit acht Nominierungen geht die deutsch-österreichische Tragikomödie „Die Blumen von gestern“ von Chris Kraus als großer Favorit in die 67. Verleihung des Deutschen Filmpreises. Sieben Preischancen gibt es für Maren Ades Oscar-nominierten Vater-Tochter-Film „Toni Erdmann“, darunter für Peter Simonischek in der Kategorie „Bester Schauspieler“. Durch die Lola-Gala im Berliner Palais am Funkturm führt die Schauspielerin und Musikerin Jasmin Tabatabai.
(S E R V I C E - www.fffwien.at, www.crossingeurope.at, www.filmmuseum.at, www.filmarchiv.at, www.festival-cannes.com, www.filmcasino.at, www.gartenbaukino.at)