Chinesischer Investor nimmt Pharmafirma Biotest ins Visier
Frankfurt/Berlin (APA/Reuters) - Die chinesische Investmentgruppe Creat Group will die Pharmafirma Biotest übernehmen. Dafür winkt den Aktio...
Frankfurt/Berlin (APA/Reuters) - Die chinesische Investmentgruppe Creat Group will die Pharmafirma Biotest übernehmen. Dafür winkt den Aktionären des hessischen Unternehmens ein Angebot über insgesamt rund 940 Mio. Euro. Gegenwärtig befänden sich beide Seiten in Verhandlungen über einen möglichen Zusammenschluss, teilte Biotest in der Nacht zum Donnerstag mit. Vorstand und Aufsichtsrat begrüßten die Gespräche.
Biotest erhofft sich von den Chinesen finanzielle Unterstützung bei notwendigen Investitionen in Produkte und Fertigung sowie bei seinem Investitionsprogramm, mit dem die Produktionskapazitäten der Firma bis 2022 mehr als verdoppelt werden sollen. Es gebe aber noch keine Garantie, dass eine endgültige Vereinbarung zwischen den beiden Parteien erzielt werden könne.
Creat strebt einen Preis von 28,50 Euro je Stammaktie und 19 Euro je Vorzugsaktie an. Das ist ein Aufschlag von mehr als 42 Prozent auf den Schlusskurs der Stammaktie vom Mittwoch. Den Haltern der Vorzugsaktien steht keine Prämie in Aussicht; die im Kleinwerteindex SDax notierten Papiere gingen am Mittwoch mit 19,02 Euro aus dem Handel und bewegten sich am Donnerstag kaum. Die Stammaktien legten dagegen um mehr als 17 Prozent auf 23,53 Euro zu. Sie befinden sich etwa zur Hälfte im Besitz der OGEL GmbH, in der die Gründerfamilie Schleussner ihre Anteile bündelt. Weitere Großaktionäre sind die Kreissparkasse Biberach mit gut 15 Prozent sowie die BWInvest Baden-Württembergische Investmentgesellschaft mit mehr als sieben Prozent. Die Vorzugsaktien sind komplett im Streubesitz.
Creat will den Firmensitz von Biotest im südhessischen Dreieich belassen und auch den Firmennamen sowie Marken- und Produktnamen weiterführen. Zudem soll an geltenden Betriebsvereinbarungen, bestehenden Tarifverträgen sowie der betrieblichen Mitbestimmung für einen Zeitraum von fünf Jahren festgehalten werden. Mit Biotest nimmt Creat ein weiteres Unternehmen ins Visier, das im Bereich Plasmaproteinprodukte tätig ist. Erst im vergangenen Jahr hatten die Chinesen das britische Unternehmen Bio Products für 820 Mio. Pfund (rund 944 Mio. Euro) übernommen.
Biotest hat sich neben Plasamproteinprodukten auf biotherapeutische Arzneimittel konzentriert. 2016 schrieb das Unternehmen einen Nettoverlust von 45,7 (Vorjahr: minus 82,5) Mio. Euro. Den brockte Biotest das US-Therapiegeschäft ein, von dem sich die Hessen mit einem hohen Verlust trennen. Der Gewinn der fortgeführten Geschäftsbereiche verbesserte sich dagegen um mehr als ein Viertel auf 34,5 Mio. Euro. Der Umsatz legte um 3,5 Prozent auf gut 610 Mio. Euro zu. Für 2017 wird ein Umsatzplus im niedrigen einstelligen Prozentbereich erwartet. Das operative Ergebnis (Ebit) der fortgeführten Bereiche soll wegen hoher Kosten für den Ausbau der Produktionskapazitäten auf 46 bis 48 (2016: 63,9) Mio. Euro schrumpfen.
Chinesische Investoren und Unternehmen sind in Deutschland auf dem Vormarsch. So hatte sich erst kürzlich der Autozulieferer Grammer den Rivalen Ningbo Jifeng als neuen Partner ins Boot geholt. Der Roboterbauer Kuka wurde vom chinesischen Haushaltsgeräte-Hersteller Midea übernommen und auch die Deutsche Bank bekam mit dem Konglomerat HNA einen neuen Großaktionär aus China. Rund 10 Mrd. Euro gaben chinesische Konzerne 2016 nach Daten von Thomson Reuters für Übernahmen in Deutschland aus, nur die US-Amerikaner zahlten mehr.