Stichwort: Entwurf der EU-Leitlinien für die Brexit-Verhandlungen
Brüssel (APA/Reuters) - EU-Ratspräsident Donald Tusk hat am Freitag seinen Entwurf für die Leitlinien der verbleibenden EU-Staaten in den Br...
Brüssel (APA/Reuters) - EU-Ratspräsident Donald Tusk hat am Freitag seinen Entwurf für die Leitlinien der verbleibenden EU-Staaten in den Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien vorgestellt. Die Staats- und Regierungschefs der EU sollen die Leitlinien am 29. April bei einem EU-27-Sondergipfel beschließen. Danach können die Austrittsgespräche beginnen.
Ein Überblick über die wichtigsten Vorschläge von Tusk, die mit hochrangigen Vertretern der 27 EU-Regierungen abgestimmt worden sind:
KERNPRINZIPIEN DER EU
In dem achtseitigen Papier macht Tusk klar, dass die EU als Ganzes mit Großbritannien verhandelt. Sondervereinbarungen einzelner Länder soll es nicht geben. Die EU werde konstruktiv verhandeln, sich aber auch auf ein mögliches Scheitern der Gespräche vorbereiten.
Tusk macht deutlich, dass Großbritannien als künftiger Drittstaat nicht die gleichen Rechte genießen kann wie ein EU-Land. Eine Vereinbarung mit der EU gebe es für Großbritannien außerdem nur im Paket. Einzelaspekte könnten nicht ausgeklammert werden.
PHASE I: RECHTLICHE ENTFLECHTUNG UND GARANTIEN
Kernziel der Verhandlungen wird Tusk zufolge ein geordneter EU-Austritt Großbritanniens sein. Die Verunsicherung der Bürger und der Wirtschaft solle möglichst klein gehalten werden.
In der ersten Phase der Verhandlungen soll die Entflechtung Großbritanniens und aller seiner Rechte und Pflichten von der EU geklärt werden. Dabei sollten die Bürger, die Wirtschaft und die internationalen Partner der EU rechtliche Klarheit über die unmittelbaren Folgen des Brexits gewinnen.
Aus Sicht von Tusk stehen gegenseitige Garantien der Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und umgekehrt ganz oben auf der Verhandlungsagenda. Gleiches gelte für Geschäftsbeziehungen von Unternehmen, die auf Basis der Annahme eingegangenen worden seien, dass Großbritannien Mitglied der EU bleiben werde. Ein „rechtliches Vakuum“ nach dem Brexit solle vermieden werden.
In einer Finanzvereinbarung sollen die vor dem EU-Austritt von Großbritannien eingegangenen Budget-Zusagen geregelt werden. Zahlen werden nicht genannt.
Besondere Bedeutung schenkt Tusk außerdem dem Friedensprozess in Irland und dem Karfreitagsabkommen zwischen Irland, Großbritannien und den Parteien in Nordirland von 1998. Ziel müsse sein, eine „harte Grenze“ zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland zu vermeiden.
PHASE II: KÜNFTIGE BEZIEHUNGEN
Tusk zufolge kann eine Vereinbarung zwischen der EU und Großbritannien über die künftigen Beziehungen - vor allem im Handel - erst abgeschlossen werden, wenn der Brexit vollzogen wurde. Allerdings könnten in einer zweiten Phase der Brexit-Gespräche bereits vorbereitende Arbeiten geleistet werden. Die Voraussetzung dafür seien „hinlängliche Fortschritte“ in der ersten Phase der Verhandlungen über einen geordneten Austritt.
Ein Freihandelsabkommen sollte Tusk zufolge ambitioniert und weitreichend sein. Es könne aber nicht gleichwertig sein mit einer Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt. Darüber hinaus sei die EU bereit zu weiteren Abkommen, etwa zur Terrorismusbekämpfung.
In den Brexit-Verhandlungen könnten Tusk zufolge außerdem Übergangsvereinbarungen beschlossen werden. Diese müssten klar definiert und zeitlich begrenzt sein, bis die Vereinbarung über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem künftigen Drittstaat Großbritannien greift. So könnte eine begrenzte Verlängerung der Geltungsdauer von EU-Regeln beschlossen werden.