Ein Schwazer in Nepal: Kleine Schritte können viel bewirken
Stephan Keck weiß, er kann nicht die Welt retten. Aber er hilft, wo er nur kann. Vor allem in Nepal. Derzeit baut er dort ein Waisenheim auf.
Von Eva-Maria Fankhauser
Schwaz, Nepal –Kein Stein steht mehr auf dem anderen. Kinder haben ihre Eltern verloren. Häuser liegen in Trümmern. Nichts ist mehr, wie es einmal war. Vor knapp zwei Jahren erschütterte ein verheerendes Erdbeben Nepal. In den entlegenen Regionen des Landes sieht es heute noch immer so aus, als hätte es erst gestern gebebt. In den touristischen Orten aber wurde alles wieder aufgebaut. „Da merkt man nichts mehr“, erzählt Stephan Keck. Der Schwazer reist etwa zweimal pro Jahr nach Nepal. Aber nicht, um dort Urlaub zu machen, sondern um den Nepalesen eine Zukunftsperspektive zu geben.
2009 gründete Keck mit seiner Frau den Verein „Step0.1“. Der Name bedeutet, dass jeder kleine Schritt etwas verändern kann. „Wir sind Abenteurer, und auf unseren Wegen quer durch die Welt waren wir oft auf die Hilfe von fremden Menschen angewiesen, um unsere Ziele zu erreichen. Wir möchten etwas zurückgeben“, sagt Keck.
Über Nacht wurde am 25. April 2015 aus dem kleinen Hilfsverein ein unverzichtbarer Partner für viele Nepalesen. Mehr als 65.000 Kilo Hilfsgüter wurden nach Nepal gebracht. „Wir waren zwei Monate beschäftigt und konnten damit sieben Prozent aller betroffenen Personen mit Hilfsgütern ausstatten“, erzählt Keck. Dazu zählten u. a. Zelte, Isomatten, Decken, Bekleidung, Erste-Hilfe-Material und Grundnahrungsmittel. Wichtige Partner bei der Soforthilfe waren Josef Einwaller und der Schwazer Verein Sancho. Es ging ihnen darum, Menschen auf unbürokratische Weise zu helfen.
Doch damit nicht genug. Die Soforthilfe war der Startschuss für Keck und seine Freunde. Sie errichteten Schulen und Kindergärten, erneuerten verschüttete Wege, bauten Brücken und sicherten die medizinische Versorgung. Im Herbst des Vorjahres wurde in einer der entlegensten Regionen im Tsum Valley/Ripchet eine Schule eröffnet. „Die Schule dort war nur noch ein Trümmerhaufen. Für den Wiederaufbau haben wir nur nepalesische Arbeiter engagiert“, sagt Keck. Die Bewohner werden in alle Arbeiten eingebunden. Derzeit sitzen 18 Kinder in der so genannten Hannes Arch Schule. Der verstorbene Pilot hatte viele Hilfsgüter für den Verein transportiert und sie sehr unterstützt.
In der Region Langtang baut der Verein derzeit ein Waisenheim auf. Mehr als 40 Kinder sollen ein neues Zuhause erhalten. Aber nicht immer läuft alles glatt bei den Aufbauarbeiten. Nepal hat seine eigenen Regeln. „Am wichtigsten ist, dass das örtliche Kloster hinter dir steht. Sonst wird’s schwierig“, weiß Keck. Zudem müsse man alle gleich behandeln. Das heißt, wenn ein Kind eine Schultasche erhält, will die Mutter für die zwei jüngeren Geschwister auch eine haben. Selbst wenn diese erst in ein paar Jahren die Schule besuchen. „So ist das System dort“, lächelt der Unternehmer. Etwas, das er erst lernen musste.
Obwohl das Erdbeben nun knapp zwei Jahre her ist, schätzen viele Tiroler Kecks Engagement. Laufend trudeln Spendengelder ein. Mit 5000 € könne Keck in Nepal für 200 Leute Strom erzeugen oder zwei einheimische Lehrer ein Jahr lang anstellen.
Derzeit arbeitet der Hilfsverein an verschiedenen Projekten. Eines davon ist ein Gemeinschaftsprojekt mit anderen Helfern, um das Tal Rolwaling wiederzubeleben. Ein Weg über den 5000 Meter hohen Pass ist geplant. „Mit der Verbindung und Biwak-Schachteln können die Menschen dort neben der Landwirtschaft auch den Tourismus nützen“, sagt Keck. Die Abwanderung sei groß. Er will den jungen Leuten die Möglichkeit bieten, dort zu bleiben, Arbeit zu haben und ihre Familien zu versorgen.