Stichwort: Die OSZE-Mission an Russlands Grenze zur Ukraine
Donezk/Gukowo/Kiew (APA) - Dass die OSZE an zwei Grenzübergängen den Transfer über die russisch-ukrainische Grenze dokumentiert, hat mit der...
Donezk/Gukowo/Kiew (APA) - Dass die OSZE an zwei Grenzübergängen den Transfer über die russisch-ukrainische Grenze dokumentiert, hat mit der Frühphase des Kriegs in der Ostukraine zu tun: Die gegenüberliegenden ukrainischen Posten waren 2014 als erste von den pro-russischen Aufständischen erobert worden. Russland lud damals als Geste des guten Willens OSZE-Beobachter ein, damit diese objektive Informationen liefern können.
Seit einer militärischen Operation, die Ende Juli/Anfang August 2014 zur Eroberung der ukrainischen Grenzposten in Iswarine und Tscherwonopartysansk (neuer Ortsname nach einer Kiewer Parlamentsentscheidung vom Mai 2016: Wosneseniwka) durch Aufständische führte, hat sich die Lage aber drastisch verändert. Im Lauf des Jahres 2014 verlor der ukrainische Staat nämlich die Kontrolle über mehr als 400 Kilometer Grenze zu Russland. Damit erlauben die Informationen, die die OSZE aus den beiden russischen Grenzposten erhält, keinen gesamten Überblick zum Grenzverkehr zwischen Russland und den selbst ernannten „Volksrepubliken“.
Zahlreiche OSZE-Mitgliedsstaaten, darunter die Ukraine, fordern daher internationale Beobachter an allen russischen Grenzposten entlang der von Kiew nicht mehr kontrollierten Gebiete. Moskau lehnt dies aber ab. Zugleich kann Russland die Mission in den beiden Grenzposten ohne Probleme auslaufen lassen, da sie wegen ihrer immer nur auf drei Monate beschränkten Mandatsperiode über keinen völkerrechtlichen Sonderstatus verfügt.
Doch so ein drastischer Schritt wäre gar nicht nötig, kann Moskau die Mission auch durch bürokratische Schikanen scheitern lassen. Letzteres lässt sich derzeit jedoch nicht beobachten und eher das Gegenteil war zuletzt der Fall: Missionsleiter Flavien Schaller berichtet etwa vom russischen Entgegenkommen in administrativen Belangen, die das Leben der internationalen Beobachter vor Ort erleichterten.
Das liegt vielleicht auch daran, dass die russischen Behörden die Lage offenbar ganz gut im Griff haben. Die wöchentlichen Berichte der OSZE-Beobachter aus dem russischen Donezk und aus Gukowo liefern nämlich keine Indizien für eine etwaige militärische Unterstützung aus Russland für die selbst ernannten Volksrepubliken von Luhansk und Donezk.
Die diesbezüglich als relevant geltenden Grenzübergänge liegen weiter im Süden - vergangene Woche berichtete die Nachrichtenagentur Reuters etwa über einen Zugtransport mit einem Dutzend Kampfpanzer, die in einem Bahnhof 30 Kilometer südlich der russisch-ukrainischen Grenze bei Pokrowskoje gefilmt worden waren. Die vergleichsweise geringe Anzahl an beobachteten „Pimsos“ (Persons in military style outfit, Anm.) - selbst in der zweiten Jahreshälfte des äußerst heißen Kriegsjahres 2014 wurden in Donezk und Gukowo lediglich 9.000 derartige Grenzübertritte fixiert - könnte zudem als Indiz dafür gelten, dass potenzielle Kriegsteilnehmer aus Russland tendenziell den beiden Grenzposten mit OSZE-Präsenz ausgewichen sind.
Wertvolle Rückschlüsse liefern die Beobachter jedenfalls in Bezug auf den zivilen Bereich, was Rückschlüsse auf wirtschaftliche Entwicklungen im Osten der Ukraine erlaubt. In der OSZE-Mission geht man davon aus, an den beiden Posten etwa 40 Prozent des gesamten zivilen Grenzverkehrs zwischen Russland und den selbst ernannten Volksrepubliken zu erfassen. Seit August 2014 zählten die Beobachter an den beiden Übergängen 9,19 Mio. Grenzübertritte, wobei es einen leichten Überhang von Transfers Richtung „Volksrepublik Luhansk“ gab. Aus Sicht der Ukraine handelt es sich jeweils um illegale Grenzübertritte, die auch nach dem ukrainischen Strafrecht geahndet werden könnten. Millionen derartiger Strafverfahren wären freilich kaum zu administrieren.
Auffällig war zuletzt die Zunahme von grenzüberschreitenden Busverbindungen sowie die Zunahme an Warentransporten. Und auch die Relevanz der Wirtschaftsblockade zwischen der Ukraine und den Separatistengebieten könnte sich in absehbarer Zeit in den Berichten der OSZE-Beobachter ablesen lassen.
~ WEB http://www.osce.org/ ~ APA041 2017-04-02/08:01