Anti-Schwulen-Razzien in Tschetschenien: Appell an Kurz
Die systematische Verfolgung und Ermordung von homosexuellen Männern in Tschetschenien sorgt für Empörung in Österreich. Hosi und Grüne appellieren an Außenminister Sebastian Kurz.
Wien – Die Berichte über die systematische Verfolgung von Homosexuellen in der russischen Teilrepublik Tschetschenien haben bei der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien Bestürzung und höchste Besorgnis ausgelöst. Die Grüne LGBTI-Sprecherin und Bundesrätin Ewa Dziedzic sprach von einer „menschenrechtlichen Katastrophe“.
Wenn die Berichte zutreffen, handle es sich hierbei um „die massivsten staatlichen Übergriffe auf Homosexuelle in Europa seit der Verfolgung von Homosexuellen im NS-Regime. Auch wenn die Dimensionen nicht vergleichbar sind, hat es doch seit 1945 keine derart willkürlichen, staatlich geduldeten Tötungen von Homosexuellen in Europa mehr gegeben!“, betonte HOSI-Wien-Obfrau Lui Fidelsberger am Montag in einer Aussendung.
„Erinnert an besonders düstere Zeiten“
Und Dzidzic sagte: „In Tschetschenien spielt sich aktuell eine menschenrechtliche Katastrophe ab, die an besonders düstere Zeiten, geprägt von Verfolgung, Ermordung und Inhaftierung von homosexuellen Menschen, erinnert.“
Sowohl die HOSI als auch Dziedzic riefen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf, in der Frage aktiv zu werden. „Internationaler Druck auf die russische Regierung scheint uns die einzige Möglichkeit zu sein, diesem homophoben Wahnsinn Einhalt zu gebieten“, erklärte Fidelsberger.
Appell an Außenminister Kurz
„Wir haben an Kurz auch appelliert, seine nachgiebige Haltung gegenüber Russland aufzugeben und vehement für die Fortsetzung der nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verhängten Sanktionen seitens der EU einzutreten“, ergänzte HOSI-Wien-Obmann Christian Högl und forderte von Kurz „eine ähnlich konsequente und kritische Haltung wie gegenüber der Türkei an den Tag“ zu legen.
Mehr als 100 Männer festgenommen, drei Tote
Laut russischen Medienberichten wurden in Tschetschenien mehr als 100 Männer „im Zusammenhang mit ihrer nicht-traditionellen sexuellen Orientierung - oder deren Verdacht“ festgenommen. Drei Menschen seien bei den landesweiten Razzien ums Leben gekommen. Präsidentensprecher Alwi Karimow wies die Berichte als „Lüge“ zurück. „Man kann niemanden verhaften oder unterdrücken, den es in der Republik gar nicht gibt.“ Das russische Menschenrechtsorganisation LGBT Network in St. Petersburg rief indes über soziale Medien zur raschen Notevakuierung für schwule Männer aus Tschetschenien auf und hat eine Helpline eingerichtet. (APA)